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Mittwoch, 29. April 1987, 23:41 Uhr
Recht für Norderstedter Friedensaktivisten?
Nadelstiche | Gerade zwei Jahre ist es her, daß sich in Norderstedt die Bundeswehr mit ihrer Propagandaschau "Unser Heer" ankündigte. Für die Verherrlichung der Kriegsmaschinerie wurden "generalstabsmäßig" Schüler von Kiel bis Stade in die Stadt gekarrt. Ein Dutzend Blockierer der Schau wurden vor dem Norderstedter Amtsgericht jetzt vom Vorwurf der Nötigung freigesprochen.Das veranlaßte Norderstedter Friedensaktivisten, sich zur Wehr zu setzen: Neben anderen Protestaktionen fand daher am 22. April 1985 am Falkenberg eine Blockade gegen die auffahrenden Militärfahrzeuge statt, an der sich etwa 30 Norderstedter beteiligten. 13 von ihnen saßen bereits nach einer halben Stunde auf der Garstedter Polizeiwache, wo ihre Personalien festgestellt wurden.
Die Anklage erfolgte ein halbes Jahr später: "Versuchte Nötigung" unterstellte die Staatsanwaltschaft den Demonstranten. Die 13 Betroffenen setzten sich daraufhin mit Rechtsanwälten in Verbindung und die Norderstedter Friedensaktivisten riefen zur Solidarität mit den Angeklagten auf. Unter anderem gab es eine Veranstaltung am 9. April 1986 in der Schalom-Kirche, auf der Hans Scheibner, Friderike Frei und Peggy Parnass für die Blockade-Teilnehmer auftraten.
Doch dabei sollte es nicht bleiben. Schließlich "solidarisierten" sich sogar die Norderstedter Richter. Im Dezember 1986 wurde das Verfahren vom Amtsgericht abgelehnt. Der Richter sah in der "kurzfristigen Behinderung" keine Nötigung und hielt den Demonstranten ihre Gewaltfreiheit zugute. Bemerkenswert auch die Aussage zur Frage, ob eine "Informationsveranstaltung der Bundeswehr" Grund zum demonstrieren sei: "... angesichts der fortschreitenden Bedrohung der Menschheit - das ist jedenfalls die Bewertung des überwiegenden Teiles unserer Gesellschaft - kann es in diesem Zusammenhang keine entscheidende Rolle spielen, welchen konkreten Vorgang die Angeschuldigten für ihre Demonstration genommen haben ...".
Die Freude der 13 Blockierer über ein solches Urteil war selbstverständlich, aber genauso selbstverständlich war, daß der Staat eine solche Rechtsprechung nicht dulden würde: Einen Monat später trudelte die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ein. Nun geht es vor dem Kieler Landgericht weiter. Die Angeklagten sind gespannt, ob ihnen ein zweites Mal Recht widerfahren sollte ... und sie hoffen auch weiterhin auf die Solidarität der Norderstedter.
Dieser Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Zeitschrift Nadelstiche, Ausgabe 1/87.