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Donnerstag, 15. September 2011, 23:02 Uhr

Ehemaliger Amnesty-Generalsekretär stirbt im Alter von 78 Jahren

Helmut Frenz ist tot

Infoarchiv Norderstedt | Er half Verfolgten der chilenischen Militärdiktatur, war neun Jahre Generalsekretär von Amnesty International und - über Jahre Gemeindepastor der Norderstedter Schalom-Kirche. Von hier aus wirkte Helmut Frenz als Befreiungstheologe, unterstützte die örtliche Antifa-Bewegung, grenzte sich aber auch von den Autonomen ab. Am 13. September starb der "rote Pastor" im Alter von 78 Jahren.

Der schleswig-holsteinische Flüchtlingsrat zum Tod von Helmut Frenz

 

Flüchtlinge und andere auf der Wanderschaft befindliche Menschen sowie Flüchtlingsorganisationen und Menschenrechtsgruppen haben in Helmut Frenz einen jederzeit ansprechbaren Unterstützer gefunden. Er besuchte Verzweifelte in Abschiebungshaft, initiierte bis heute tragfähige Lobby-Gremien innerhalb und außerhalb der Kirche, begleitete Kirchenasyle, war Seelsorger für Betroffene und UnterstützerInnen gleichermaßen. Bei unzähligen Gesprächen mit zuständigen Entscheidungsträgern und politisch Verantwortlichen in Kommunen, Land und Bund stieß er seine Finger in die zahlreichen Wunden der offiziellen Flüchtlingspolitik und skandalisierte wann immer Anlass bestand deren exekutive Vollstreckung.

 

Martin Link

Erst am 9. Februar diesen Jahres hatte Frenz in der Johannes-Kirche in Friedrichsgabe aus seinem Buch "Jesaja 50,5 ... und ich weiche nicht zurück" gelesen, in dem er seine Erlebnisse in Chile aufarbeitet. Dort war Frenz ab 1965 zunächst Pastor der christlichen Gemeinde in Concepción und wurde 1970 von der evangelisch-lutherischen Kirche zu ihrem Bischof gewählt. Nach dem blutigen und von den USA gestützten Putsch Augusto Pinochets wandte er sich bald den Flüchtlingen und verfolgten Oppositionellen zu und verhalf etlichen zu Schutz und Flucht. Seit 2007 ist Helmut Frenz deshalb Ehrenbürger Chiles, noch im selben Jahr übte er scharfe Kritik an der katholischen Kirche Brasiliens, weil die den Armen und Landlosen nicht nah genug stünde. Ausgerechnet die reaktionären Pfingstkirchen und evangelische Befreiungstheologen würden sich deutlich solidarischer mit den notleidenden Menschen verhalten.

Aber auch in seiner Zeit als Schalom-Pastor erlebte Frenz wechselhafte Zeiten, wenn auch deutlich undramatischer. Einerseits traf er hier auf die Reste der einst großen Alternativ-Szene der Stadt, unterstützte jugendliche Antifaschisten und pflegte seine internationalen (und internationalistischen) Kontakte. Das neumodische Kirchengebäude wurde damals nicht nur von Polizisten als "rote Kapelle" bezeichnet, schon in Chile hatte Frenz sich den Titel "roter Pastor" verdient. Andererseits legte er sich 1991 mit der autonomen Szene an, als er sich in Zusammenarbeit mit Polizei und Innenministerium bemühte, eine mehrmonatige, ursprünglich mit ihm abgesprochene Besetzung der Schalomkirche durch Flüchtlinge und UnterstützerInnen zu beenden. Die Betroffenen hatten sich mit der Aktion gegen ihre Umverteilung nach Ostdeutschland gewehrt, wo sie immer wieder rassistischen Angriffen ausgesetzt waren.

Der Trauergottesdienst für Helmut Frenz findet am 23. September 2011 um 15 Uhr in der Apostelkirche in Hamburg-Eimsbüttel statt. Der Gottesdienst wird geleitet von Pfarrer em. Axel Becker und Pfarrer Enno Haaks, Generalsekretär des Gustav Adolf Werkes. Die Familie von Helmut Frenz bittet an Stelle von Kränzen und Blumen um eine Spende zugunsten eines missionarischen Projektes der ev.-luth. Gemeinde La Trinidad in Santiago de Chile. Helmut Frenz war bis zum Schluss Mitglied dieser Gemeinde und mit der Pfarrerin Neli Maske lag ihm die missionarisch-diakonische Arbeit der Gemeinde in einem Armenviertel in der Kommune Padre Hurtado sehr am Herzen.

Spendenkonto für Überweisungen:   

Gustav-Adolf-Werk

KD-Bank - LKG

Sachsen Konto 44 99 11

BLZ 350 601 90

Stichwort: Chile – Helmut Frenz