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Montag, 25. August 2014, 13:54 Uhr
Kritik an professoraler Arroganz
Deutliche Ansage aus Kaltenkirchen
Die einstige NS-Schulungseinrichtung "Neulandhalle" bei Friedrichskoog. Für 4,2 Millionen Euro will Uwe Danker hier einen "historischen Lernort" einrichten (Foto: wikipedia/Horn).
Olaf Harning | Scharfe Kritik am Flensburger Geschichtsprofessor Uwe Danker: Weil der sich wiederholt herablassend gegenüber nichtakademischer Geschichtsforschung geäußert hatte und dabei auch den Alvesloher Historiker Gerhard Hoch mit beleidigenden Äußerungen überzog, hat sich die Jahresversammlung der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen kürzlich distanziert.
Gerhard Hoch
Mit 18 trat er in die NSDAP ein, kämpfte für die Nazis in Nordrussland. Nach dem Krieg dann studierte Gerhard Hoch Theologie, wurde Bibliothekar und zog 1967 mit seiner Familie nach Alveslohe. Dort begann er wenig später mit der Aufarbeitung der regionalen NS-Geschichte.
Neben Büchern, wie "Zwölf wiedergefundene Jahre" oder "Das Scheitern der Demokratie im ländlichen Raum", in denen er Aufstieg und Wirken der Nationalsozialisten im Raum Kaltenkirchen/Henstedt-Ulzburg fast lückenlos darstellte, gelang es ihm mit einigen Mitstreitern auch, die längst vergessene KZ-Außenstelle Kaltenkirchen und das ihr angegliederte Sterbelager für sowjetische Kriegsgefangene wieder ins Licht der Öffentlichkeit zu zerren. Im Jahre 2000 öffnete in Springhirsch die heute landesweit bekannte Gedenkstätte - auf dem Gelände des ehemaligen Außenlagers.
Während Hoch noch bis in die beginnenden 90er Jahre hinein auf teilweise massiven Widerstand traf, weil allzu Viele die Vergangenheit im Dunkeln lassen wollten, wurde er in den letzten Jahren mit Blick auf sein Lebenswerk mehrfach ausgezeichnet - unter anderem mit der Ehrennadel des Landes und der Ehrendoktorwürde der Universität Flensburg.
"Die historische Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus bedarf einer seriösen und solidarischen Arbeitsweise und keinerlei Verunglimpfungen". Mit diesen Worten kritisiert der Trägerverein der Gedenkstätte das, was Danker und sein Mitarbeiter Sebastian Lehmann Ende 2013 in ein Gutachten über den ehemaligen Segeberger Landrat Waldemar von Mohl schrieben. Darin bezichtigten sie Gerhard Hoch unter anderem der Nichteinhaltung wissenschaftlicher Standards und bezeichnen ihn wahlweise als "Laienhistoriker" oder "vergangenheitspolitischen Publizisten" - ein Urteil, das andere Historiker nicht teilen.
Weiterer Kritikpunkt des Trägervereins: Dankers rabiates Eintreten für das von ihm konzipierte Projekt Neulandhalle. 1936 von Adolf Hitler persönlich als eine Art Kirchenersatz und mystisches Symbol für die Landgewinnung eingeweiht, soll das Gebäude in Friedrichskoog (Kreis Dithmarschen) nach seinem Willen für 4,2 Millionen Euro zu einem zentralen Lernort ausgebaut werden, der sich gerade auch mit Entstehung und Verbreitung des Nationalsozialismus beschäftigt. Das nämlich, stellte Danker in einem Gastbeitrag für die sh:z fest, würde die traditionelle Gedenkstättenarbeit eben nicht leisten, weil sie überwiegend von "Bestandswahrern" getragen sei und sich durch "opferzentrierte Betroffenheit" auszeichne.
Als "nur eingeschränkt brauchbar" werteten Danker und Lehmann eine erste Veröffentlichung Gerhard Hochs über den ehemaligen Segeberger Landrat Waldemar von Mohle (Foto: Infoarchiv).
Auch diese Herabwürdigung ihrer Arbeit wiesen die 30 anwesenden Mitglieder des Kaltenkirchener Trägervereins Ende Juli empört zurück und schoben noch eine kleine Spitze hinterher: "Im Gegensatz zu Uwe Danker arbeiten wir ehrenamtlich und bringen die Geschichtsvermittlung über den Nationalsozialismus mit seinen Folgen wie Krieg und Gewaltherrschaft in Schleswig-Holstein seit Jahren voran." Die innovativen Ansätze dieser Arbeit, Projekte mit Schulen und der Universität Kiel, bräuchten Förderung statt unberechtigter Kritik.In der Tat ist es der Gedenkstätte Kaltenkirchen mit Unterstützung von Schulen, umliegenden Gemeinden und einem jährlich neu zu beantragenden Zuschuss von 10.000 Euro mittlerweile gelungen, ganzen Generationen von Jugendlichen in der Region einen Einblick in die Zeit des Nationalsozialismus zu verschaffen und örtliche Verbrechen des NS-Regimes in lebendiger Erinnerung zu halten. Schwer vorstellbar, wie das durch eine schlecht erreichbare Halle im menschenleeren dithmarscher Flachland übertroffen werden kann - zumal die Bedeutung der Neulandhalle für den NS-Staat eher überschaubar war.
Uwe Danker wurde bereits 1994 Universitätsprofessor und Direktor am Institut für Geschichte und ihre Didaktik der Universität Flensburg sowie am Institut für schleswig-holsteinische Zeit- und Regionalgeschichte (IZRG) mit Sitz in Schleswig. Seine Berufung war u.a. umstritten, weil er eine dafür notwendige Habilitation nicht vorweisen konnte. Er veröffentlicht regelmäßig Texte zur schleswig-holsteinischen Landesgeschichte und zur Zeit des Nationalsozialismus, hat sich aber inzwischen mit Teilen der nichtakademischen Forschung überworfen. Einen kleinen Einblick in sein Selbstverständnis liefert vielleicht dies: Als das Infoarchiv 2013 freundlich anfragte, ob er einige Informationen über die Rolle dreier Henstedt-Ulzburger Persönlichkeiten im NS-Regime bestätigen könne, antwortete er mit einem patzigen Vierzeiler. Wir würden offenbar nicht verstehen, wie ein Historiker arbeitet, ließ uns Professor Danker da wissen. Er sei jedenfalls weder unser Archiv, noch eine Personenauskunftsdatei.
Ein Kommentar zu diesem Artikel
02.09.2014, 9:23 Uhr Heinz-Michael Kittler: Nach meiner Kenntnis wird die
Nach meiner Kenntnis wird die in diesem Artikel vorgetragenen Position von der gesamten Gedenkstättenszene in Schleswig Holstein geteilt, Deshalb kam es auch im letzten Jahr
bei der Jahrestagung mit der zuständigen Ministerin Spoorendonk zu einem Eklath, weil die 4,2 Mio für die Neulandhalle alle Landesmittel absorbiert hätten und die vielen Initiativen vor Ort leer ausgegangen wären. Offenbar hat die Ministerin zwischenzeitlich eingelenkt und das überdimensionierte Neulandhallenprojekt in der Pampa scheint geplatzt.
Auch wenn die Kritik am Danker-Gutachten wg. Nazi Landrat v. Mohl richtig ist, hat dieses Gutachten dennoch die historische Aufarbeitung des Kreises Segeberg ganz erheblich vorangebracht und vielen Menschen einen Einstieg ermöglicht, denen das Thema vorher völlig fremd war. Inzwischen setzt ein interfraktioneller Arbeitskreis die Empfehlung des Gutachtens um, die Ehrengallerie im Segeberger Kreistag in ein lerninteraktives Projekt umzuwandeln.