+ + + ARCHIVIERTER INHALT + + +

Diese Seite kommt aus unserem Archiv und enthält möglicherweise Informationen, die nicht mehr aktuell sind. Bitte beachten Sie das Veröffentlichungsdatum dieser Seite.

Donnerstag, 17. Januar 2008, 1:00 Uhr

Kreis Segeberg und Stadt Norderstedt müssen Niederlage einstecken

Verwaltungsgericht Schleswig untersagt vorzeitigen Baubeginn zur Landesgartenschau

Von Hans-Georg (Felix)Becker | Deshalb stellte sie am 6.11.2007 beim Kreis Segeberg einen Antrag auf Zulassung des vorzeitigen Baubeginns per 7.12.2007. Dem BUND wurde zunächst die Übersendung einer Kopie dieses Antrages verweigert. Erst als ein Anwalt eingeschaltet wurde, erhielten die Naturschützer die angeforderte Kopie - am 22.11.2007 - nur zwei Wochen vor dem geplanten Baubeginn! Bei näherer Prüfung der Unterlagen wurde festgestellt, dass die geplanten Baumaßnahmen einen so erheblichen Umfang haben, dass Alternativvorschläge zu Dammbeseitigung und hälftiger Zuschüttung des kleinen Sees im wahrsten Sinne des Wortes "verbaut" worden wären. Die geplanten vorgezogenen Baumaßnahmen umfassen u.a. die Rodung von ca. 1000 Bäumen, die komplette Umgestaltung von drei der vier Seeufer, die Anlage des Betonloops und den Bau der sog. Tribüne am Westufer für ca. 1000 Zuschauer in Höhe der geplanten Wasserskianlage. Außerdem waren u.a. sowohl der Amphibienschutz als auch der Schutz der Großmuscheln trotz einiger Planänderungen nicht gelöst. In einem letzten Gespräch zwischen dem BUND und der Stadt am 6.12.2007 konnte keine Einigung erzielt werden.

Auf Antrag der Umweltschutzorganisation hatte das Verwaltungsgericht (VG) am 11.12.2007 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs zunächst vorläufig für die Zeit der gerichtlichen Prüfung und dann durch Gerichtsbeschluss vom 11.01.2008 wiederhergestellt. Im Klartext: Während der Prüfung des Widerspruchs kann die Stadt damit weiterhin nicht mit den beantragten vorzeitigen Baumaßnahmen beginnen.

Anlässlich des Gerichtsverfahrens hatten der Kreis Segeberg und die Stadt Norderstedt keine schlagkräftigen inhaltlichen Argumente gegen die des BUND. Auch verfahrenstechnische Einwände (die Antragsbefugnis des BUND wurde angezweifelt) konnten das Gericht nicht umstimmen..
"Ein besonderes öffentliches Interesse an der Zulassung des vorzeitigen Baubeginns sei nicht ersichtlich", so hatte der BUND argumentiert. Dies hätte u.a. zur Voraussetzung, dass der Planfeststellungsbeschluss unmittelbar bevorstehe. Dieser sei jedoch nicht vor dem 2. Quartal 2008 zu erwarten. Auch stellten die Maßnahmen nicht lediglich den ?Beginn? der Gesamtmaßnahme dar, vielmehr würden wesentliche Teile des Gesamtvorhabens bereits durch die vorgezogene Bauphase verwirklicht. Auch stehe der vorzeitige Bau der Tribüne im Zusammenhang mit der umstrittenen Wasserskianlage, die wiederum keinen Bezug zur Landesgartenschau habe. Des weiteren warfen die Umweltschützer dem Kreis und der Stadt vor, dass Ermittlungen zum Erhaltungszustand betroffener Populationen nicht angestellt worden seien.

Interessant ist ein weiterer Einwand des BUND, der sich direkt mit der Planfeststellung befasst. Demnach war bereits schon vor Beginn des Planfeststellungsverfahrens ein vorzeitiger Baubeginn in Aussicht gestellt worden. Der Planfeststeller des Kreises, Herr Hartmann, sei daher hinsichtlich des "Ob" der Planfeststellung nicht mehr offen. Dies zeige auch eine Mitteilung konkreter Daten über den Verfahrensablauf einschließlich der Zulassung vorzeitigen Baubeginns und des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses, dokumentiert durch E-mail-Schreiben vom 25.04.1007 (!) an den Geschäftsführer der Stadtpark GmbH. Damit ist auch deutlich geworden, dass die Stadt dadurch zur Verzögerung beigetragen hat, indem sie den Antrag auf Zulassung vorzeitigen Baubeginns erst im November 2007 - kurz vor der geplanten Maßnahme - stellte. Der von der Stadt eingebrachte Vorwand, dass es wünschenswert sei zwei Vegetationsperioden nutzen zu wollen, konnte nicht verfangen, da u.a. noch gar kein bestimmtes Pflanzkonzept vorliegt. Nicht zuletzt rügte der BUND, dass man von einem Planfeststellungsbeschluss für das 2. Quartal 2008 ausgehe, wolle aber gleichzeitig Baumaßnahmen beantragen, deren Beginn erst nach diesem Zeitpunkt erfolgen solle.

Das Gericht gelangte u.a. zu der Einsicht, dass weder der Kreis noch die Stadt belegen konnten, dass der drohende Verlust einer Vegetationsperiode eine erfolgreiche Ausrichtung der LGS 20011 gefährden könnte. Weiter wurde gerichtlich festgestellt, dass Eingriffe in die Natur- und Landschaft teilweise nicht wieder rückgängig zu machen seien.

Das Gericht gab dem Antrag des BUND statt und stellte fest, dass die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte vom Kreis Segeberg und von der Stadt Norderstedt zu tragen seien. Das Gericht gab dem Antrag des BUND statt und stellte fest, dass die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte vom Kreis Segeberg und von der Stadt Norderstedt zu tragen seien. Den Wortlaut des 1. Teils des Gerichtsbeschlusses finden hier , den zweiten Teil hier .

Die Stadt hat bereits angekündigt, dass sie gegen den Beschluss Beschwerde beim OVG Schleswig einlegen wird, um noch vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusse einen großen Teil der geplanten Maßnahmen umsetzen zu können.

Um die weit reichende Zerstörung des wichtigen Natur- und Erholungsgebietes für Norderstedt zu verhindern, ist weiterer Bürgerprotest notwendig. So haben die Betroffenen und privaten Einwender laut Bekanntmachung der Stadt in der Zeit vom 2.1. bis 4.2.08 die Möglichkeit, die Protokolle der Erörterungstermine vom 15.8. u. 24.9.2007 im Rathaus Norderstedt, (2. OG, Zi. 229 - Team Stadtplanung) bzw. beim Kreis Segeberg - Gewässer u. Landschaft - (UWB) einzusehen sowie dort gegen eine Gebühr eine Kopie zu erwerben. Selbst das war ursprünglich vom Kreis abgelehnt worden.

Veröffentlicht in Kommunalpolitik mit den Schlagworten IG BAU, Landesgartenschau, Norderstedt