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Dienstag, 25. Mai 2010, 2:00 Uhr
Jobcenter-Reform: Wohin soll die Reise im Kreis gehen?
LINKE im Kreis Segebrg sind für "gemeinsame Einrichtung
Hans-Georg (Felix) Becker | Nach Veröffentlichung des Referentenentwurfs der Bundesregierung zur "Weiterentwicklung" der Grundsicherung für Arbeitssuchende, sowie dessen erster Lesung im Bundestag am 6. Mai, sieht DIE LINKE der Segeberger Kreistagsfraktion nur eine eingeschränkt tragfähige Grundlage für eine sachgerechte Neuorganisation. Der Gesetzentwurf überwinde nicht die bestehenden Schwächen und Risiken, sondern führe zu weiterer Bürokratie und Verflechtung zu Lasten der Hilfebedürftigen. Das entsprechende Gesetz würde damit noch komplexer und aufwendiger durch zahlreiche neue Gremien auf Orts,- Landes- und Bundesebene.
Die neuen Argen sollen ab 01.01.2011 "gemeinsame Einrichtung" oder "Jobcenter" heißen. Mit der Jobcenterreform sollen die sogenannten Optionskommunen ausgeweitet werden. Optionskommunen sind Landkreise und kreisfreie Städte, die seit Beginn von Hartz IV 2005 die Arbeitsverwaltung in Eigenregie durchführen, also ohne die Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit. Weil sowohl der Bundesrechnungshof an dem Gesetzentwurf heftige Kritik geübt hatte, wie auch nun andere Mehrheiten im Bundesrat bestehen, sei zudem völlig offen, ob das Gesetz so überhaupt noch in diesem Jahr in Kraft tritt. Deshalb fordert DIE LINKE für die Betreuung von Hilfebedürftigen auch einen Plan B von der Kreisverwaltung als originären Träger, falls das Gesetz nicht in Kraft tritt. Nun muss sich der Kreis entscheiden, ob er diese Option umsetzt oder weiter eine ?gemeinsame Einrichtung? betreiben will. ."Die Fraktion DIE LINKE im Segeberger Kreistag sieht zwar keinesfalls eine gemeinsame Einrichtung als Ideallösung an," so Heinz-Michael Kittler, Fraktionsvorsitzender der LINKEN im Segeberger Kreistag, "aber als zugelassener kommunaler Träger zu optieren, halten wir genau für den falschen Weg.? Voraussetzung für eine "gemeinsame Einrichtung" sei jedoch eine erheblich bessere Zusammenarbeit von BA und Kreis. Zum Ausgleich von Kompetenzdefiziten bei Vermittlungsprozessen, Bewerberprofiling und im Umgang mit IT-Systemen sei eine gründlichere Hospitation von Fallmanagern bei BA-Vermittlern erforderlich. Dadurch könnten qualitative Mängel bei der Beratung von Arbeitssuchenden und der Bearbeitung deren Anträge vermieden werden.
Die grundlegende politische Frage von Hartz IV wird von der kommenden Neuorganisation allerdings gar nicht betroffen. Weder die Höhe der Regelsätze noch die Abschaffung der Sanktionen stehen zur Debatte. Die LINKE geht auf Kreis- Landes und Bundesebene aber noch einen Schritt weiter: "Weil Hartz IV den gesamten Arbeitsmarkt destabilisiert, muss es als historische Fehlentscheidung überwunden werden. Erst recht lehnen wir die weitere Zersplitterung der Zuständigkeiten ab. Stattdessen brauchen wir eine bundesweit einheitliche Vermittlung, Betreuung und Förderung aller verfügbaren Erwerbslosen und eine einheitliche Organisation in der Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit. Der Bund muss auf der Basis bundesweiter qualitativer Standards die Kosten der Unterkunft für arbeitsfähige Erwerbslose und deren Familien übernehmen. Dann werden die Kommunen entlastet und können die Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuung oder andere soziale Infrastrukturprojekte verwenden um u.a. auch die Verfügbarkeit von Alleinerziehenden zu gewährleisten", so Kittler. Zudem werde die Debatte nach Auffassung Kittlers durch "neoliberale Propaganda" erschwert. Oft sei auch in amtlichen Pamphleten von "besonderer Klientel, schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, Sucht, Verschuldung oder psychosozialen Defiziten" die Rede. Diese verallgemeinernde Stigmatisierung von Erwerbslosen lehne DIE LINKE strikt ab, so Kittler weiter in einer Presseerklärung. Vielmehr sei das Spektrum der Hilfebedürftigen breit gestreut. Die größten Gruppen seien Beschäftigte, die wegen Hungerlöhnen aufstocken müssen und gar nicht arbeitslos sind, Alleinerziehende und über 50-jährige teilweise hochqualifizierte Bewerber sowie jugendliche Opfer eines mangelhaften Sozial- und Bildungssystems. Was meistens fehle, sei nicht Motivation zur Arbeit, sondern Arbeitsplätze, von denen man leben kann. Genau die würden durch Hartz IV zerstört, weil damit auch die Verpflichtung zur Annahme prekärer Jobs gelte, welche dann vormals reguläre Jobs verdrängen.