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Freitag, 24. Februar 2006, 1:00 Uhr

Inszenierte Haushaltssperre?

Die Erhöhung der Kreisumlage war lange bekannt

Info Archiv Norderstedt | "Ehrgeizige Straßenbauprojekte, das Luftfahrtdistributions-Centrum (LDC), die Landesgartenschau und der dritte Autobahnanschluss", alle diese Großprojekte haben laut der Grünen-Politikerin eines gemein: Es sind freiwillige Großprojekte, von denen der Bürgermeister noch im Dezember letzten Jahres während der Haushaltsberatungen behauptete, sie seien vergleichsweise problemlos finanzierbar. Darüber hinaus beschloss die Stadtvertretung mit seinem Wohlwollen eine Senkung der kommunalen Gewerbesteuer um 10 Punkte. Schon damals aber, so der Vorwurf der GALiN, hätten Hans-Joachim Grote und die Norderstedter CDU sehr wohl gewusst, welche Diskussionen in Bad Segeberg über die stärkere Heranziehung der Metropolregion Norderstedt zur Finanzierung des Kreises geführt wurden. "Trotzdem", so Reinders, "wurde ein Haushalt aufgestellt, der dies nicht berücksichtigte. Stattdessen wurden die Mehreinnahmen durch Hartz IV von Großprojekten aller Art verbraten."
Doch neben diesem - quasi handwerklichen - Vorwurf, kritisiert Reinders den Bürgermeister auch für "unlautere Äußerungen" in Hinsicht auf das mögliche Ende des Kreises Segeberg. Während der Norderstedter Verwaltungschef dieser Tage in der "Norderstedter Zeitung" verlauten ließ, er fürchte nun eine "neue Diskussion über die Kreisfreiheit", habe der gleiche Bürgermeister noch im Dezember öffentlich Beifall geklatscht, als Jürgen Lange (SPD) die Forderung nach Kreisfreiheit aufstellte. Ähnlich unlauter auch die Feststellung Grotes, nach der erhöhten Kreisumlage sei auch ein beitragsfreies, letztes Kindergartenjahr nicht mehr finanzierbar: Auch vor den zusätzlichen Kosten der Kommune hatte die CDU-Mehrheit in der Stadtvertretung keinerlei Mittel für dieses Vorhaben in den Haushalt eingestellt.
Hintergrund der Unruhe in Norderstedt ist eine Entscheidung des Segeberger Kreistages: Hier war am 16. Februar der Forderung von Landrat Georg Gorrissen (parteilos) nach einer Erhöhung des Finanzierungsanteils der Stadt am Kreis um fünf Prozentpunkte zugestimmt worden. Zuvor hatten PolitikerInnen verschiedener Parteien eine Erhöhung um "nur" 3,5 Prozentpunkte diskutiert. Der Norderstedter Bürgermeister kritisiert nun vor allem die SPD-Abgeordneten im Kreistag: Während die Norderstedter Christdemokraten dort gegen ihre eigene Partei und gegen den Vorschlag stimmten, winkten die SPD-Vertreter, auch die aus Norderstedt, offenbar die deutliche Erhöhung durch. Begründet wird sie indes - durchaus im Konsens aller Beteiligten - mit den gewachsenen Lasten des Kreises durch die "Hartz-IV-Gesetzgebung". Während die Menschen in Segeberg durchschnittlich 232 Euro pro Kopf und Jahr an die Kreisverwaltung abführen, müssen die NorderstedterInnen nach Angaben Grotes nun schon jährlich 357 Euro berappen.
Durchaus erstaunlich dabei, dass die SPD im Kreis für die Erhöhung stimmt, während sie in Norderstedt nun empört nach der Kreisfreiheit der Stadt und damit dem Ausscheren aus dem Kreis ruft. Darüber hinaus hatte der SPD-Kreisvorsitzende Andreas Beran noch eine Woche vor der entscheidenden Sitzung öffentlich erklärt, dass 3,5 Prozentpunkte "ausreichend" seien, um die strukturellen Ungerechtigkeiten zugunsten des Kreises zu korrigieren. Am 16. Februar begründet dann SPD-Fraktionsvorsitzende Arndold Wilken die sozialdemokratische Zustimmung im Kreistag mit der dramatischen Lage der Kreisfinanzen und mit der weit höheren Erhebung der benachbarten Kreise Stormarn und Pinneberg.
Doch zunächst merken die NorderstedterInnen von dieserlei Gezänk und einem möglicherweise bald eigenen Norderstedter Autokennzeichen, einer eigenen Klinik, Müllentsorgung, Verwaltung u.s.w nichts. Sie werden zuallererst die Haushaltssperre des Bürgermeisters wahrnehmen, der erneut alle "freiwilligen Leistungen" der Stadt auf den Prüfstand stellt. Natürlich - wie immer - überwiegend die sozialen. Wer glaubt schon, dass der völlig überflüssige dritte Autobahnanschluss oder gar das Finanzspektakel Landesgartenschau auf den Prüfstand kommen.

Veröffentlicht in Kommunalpolitik mit den Schlagworten CDU, GALiN, Hans-Joachim Grote, Landesgartenschau, Norderstedt, SPD