- Themen
- Alternative Zentren
- Arbeit & Kapital
- Behindertenpolitik / Assistenzbedürftige
- Bildung
- Energiepolitik
- Faschismus / Antifaschismus
- Flucht und Migration
- Frauen / Feminismus
- Frieden
- Geschichte
- Internationalismus
- Jugendpolitik
- Kindergärten & Kinderbetreuung
- Kommunalpolitik
- Kultur
- Landesgartenschau & Stadtpark
- Lesbisch/Schwules
- Medien
- Medizinische Versorgung & Gesundheit
- Polizei & Justiz
- Religion
- Repression / Antirepression
- Sonstige
- Soziales
- Sport
- Stadtentwicklung
- Umwelt
- Verkehr
- Artikel Altbestand
- Schlagworte
- Galerien
- Links
- Termine
- Über uns
+ + + ARCHIVIERTER INHALT + + +
Diese Seite kommt aus unserem Archiv und enthält möglicherweise Informationen, die nicht mehr aktuell sind. Bitte beachten Sie das Veröffentlichungsdatum dieser Seite.
Samstag, 6. Dezember 2003, 1:00 Uhr
Grote verhöhnt Spar-Opfer
Bürgermeister präsentiert "sozial bereinigten" Haushalt
Info Archiv | "Dieser erste Doppelhaushalt gibt Planungssicherheit und setzt ein Zeichen für die hiesige Wirtschaft. Von sozialer Kälte oder Kahlschlag kann auf keinen Fall die Rede sein", diktierte der erste Mann der Stadt Heimatspiegel-Chefredakteur Volker Puchalla in die Tasten und scheint von seiner ganz persönlichen Wahrheit gar überzeugt. Ohne mit der Wimper zu zucken reichen des Bürgermeisters Aussagen dabei von simplen Verdrehungen der Tatsachen bis hin zu offensichtlich falschen Angaben. Dennoch: Durch massive Sozialkürzungen und zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen ist es ihm gelungen, trotz deftiger Mehrausgaben in Sachen Straßenbau einen ausgeglichenen Haushalt ohne Neuverschuldung zu präsentieren.
Dabei taucht laut Hans-Joachim Grote der geplante Autobahnzubringer Norderstedt-Mitte "überhaupt nicht mehr im Haushalt auf". Wahr ist hingegen, dass jüngst 50.000 Euro Planungskosten im Haushaltsjahr 2004 verankert wurden, 2006 sollen dann schon eine Million Euro für den Autobahnanschluss ausgegeben werden - und das ist erst der Anfang.
Im sozialen Bereich schwadroniert Grote gleichzeitig von Mehrausgaben: 151.000 Euro bekomme das Sozialamt nächstes Jahr zusätzlich. Richtig, allerdings erwähnt der Bürgermeister nicht, dass dieses Geld nicht unbedingt freiwillig fließt, sondern neben dem Kreis auch die Kommune Verpflichtungen in diesem Bereich hat. Doch es geht noch weiter: Gleich 606.500 Euro "rechnet" Grote dem Heimatspiegel an zusätzlichen Ausgaben an das Amt für junge Menschen vor. Darin enthalten sind allerdings sowohl steigende Personalkosten, als auch Instandhaltungs- und vor allem Sanierungskosten, etwa der zahlreichen Schulgebäude. Alleine für letztere will man 2004/2005 rund 2,7 Millionen Euro ausgeben.
Tatsächlich kürzt die Verwaltung mit Hilfe der absoluten CDU-Mehrheit im nächsten Jahr so ziemlich alles, was die Stadt bislang für Kultur, Jugend und Soziales ausgegeben hat. Gleichzeitig schieben dieselben Verantwortlichen etwa 3 Millionen Euro bislang nicht verplanter Mittel in Straßenbauprojekte - also Geld in einer Größenordnung, die alle Einsparungen im Kultur- und Sozialbereich unnötig machen würden. Nur ein Beispiel: Im Jugendbereich sollen nach vorausgegangenem Druck des Bürgermeisters und den Entwürfen der Verwaltung kurzfristig etwa 350.000 Euro jährlich eingespart werden - vergleichsweise geringe Mittel also, die jedoch gerade hier verheerende Folgen haben.
Insgesamt wollen Grote und die CDU-Fraktion 2004/2005 mehr als 8 Millionen Euro für den Straßenbau ausgeben. Neben im Grundsatz allgemein akzeptierten Projekten, wie dem Umbau der Ochsenzoll-Kreuzung, finden sich darunter allerdings auch ideologisch motivierte Aktivitäten, etwa eine Art Liebesdienst für den Jungheinrich-Konzern: Unter anderem auf Wunsch des Gabestapler-Herstellers soll die Oadby-and-Wingston-Straße für bescheidene 3,3 Millionen Euro verlängert, bzw. Jungheinrich-kompatibel verschwenkt werden. Darüber hinaus will man die Niendorfer Straße großzügig ausbauen. Hinter dem verstärkten Straßenbau steht auch die Idee der Norderstedter ChristdemokratInnen, mittelfristig eine Art Umgehungsstraßen-System um die Stadt zu errichten - in Zeiten knapper Kassen freilich nur möglich, wenn Gelder aus anderen Bereichen abgezogen werden.
Interessant auch weiterhin die Toleranz des Bürgermeisters gegenüber dem skandalträchtigen Wirken der Norderstedter Stadtwerke oder auch der Entwicklungsgesellschaft "egno". Neben laufenden Ermittlungsverfahren gegen Stadtwerke-Chef Volker Hallwachs akzeptiert Hans-Joachim Grote scheinbar auch die fortlaufend negativen Kennzahlen etlicher Konzern-Aktivitäten. Auf diese Weise fallen dem Kommunalhaushalt zumindest indirekt auch die Kosten des fragwürdigen Fernsehsenders "Noa 4" (grob geschätzt eine Million Euro) und die nachhaltigen Verluste des Prestige-Unternehmens wilhelm.tel zur Last. Der Kommunikations-Anbieter soll laut "Norderstedter Zeitung" zuletzt 3,5 Millionen Euro Verlust eingefahren haben, was eine dramatische Absenkung der Stadtwerke-Abführungen in die kommunalen Kassen zur Folge hatte. Darüber hinaus spricht man davon, dass die wilhelm.tel GmbH inzwischen über mehr als doppelt so hohe Verbindlichkeiten, wie Eigenkapital verfügt. Die egno hingegen hält nach wie vor an ihrem "Millionengrab" LDC (Logistik- und Distributions-Centrum) fest. Nachdem hier bereits 20 Millionen Euro in den flughafennahen Sümpfen an der Niendorfer Straße versenkt wurden und der vermeintliche Partner HOCHTIEF absprang, sind erneut bis zu 20 Millionen Euro kreditfinanzierter Investitionen angedacht, um die Flächen wenigstens wieder verkaufen zu können. Nach 4,3 Millionen Euro Eigenkapital aus den Norderstedter Haushalten der Jahre 2002 und 2003 sollen nun in 2004 erneut 1,1 Millionen Euro an die egno fließen, um durch ausreichend Eigenkapital weitere Kreditaufnahmen zu ermöglichen. Kreditaufnahmen, die freilich auf zumindest umstrittenen Einschätzungen des tatsächlichen Wertes der Flächen basieren. Dazu fällt auch der Grün Alternativen Liste Norderstedt (GALiN) nur noch die eher verzweifelte Überschrift "LDC-Planung: ökologisch wie ökonomisch ein Desaster !" ein.
Der Politik der sozialen Kälte, die Bürgermeister, Verwaltung und CDU-Fraktion verfolgen, stehen also Prestige-Projekte gegenüber, die ein vielfaches der aktuellen Sozialkürzungen schlucken. Für genau diese Aktivitäten muss das Jugendkulturcafé nach fast 30 Jahren schließen, wird das alte Garstedter Schulgebäude (jetzt Drogenberatung) verkauft, werden die Krisenbetten zu Boden gespart, die Obdachlosenhilfe nachhaltig zusammengestrichen, Mittel für Musikunterricht, Büchereien und kulturelle Angebote massiv gekürzt, PädagogInnen-Stellen abgebaut, KiTa-Öffnungszeiten verkürzt. Also für Jede(n) etwas - Fröhliche Weihnachten wünscht das Info Archiv.