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Mittwoch, 13. Juni 2007, 2:00 Uhr
Esel und Schaf
NPD in der Moorbek-Passage
Info Archiv Norderstedt | Aktion in der Moorbek-Passage
Ein kleiner Coup war es schon, den eine Hand voll Neonazis da am vergangenen Samstag in Norderstedt auf die Beine gestellt hat. War es zuletzt doch deutlich stiller um den aus Neumünster gesteuerten NPD-Kreisverband Segeberg-Neumünster geworden, konnten die Neonazis jetzt ohne größere Proteste Propaganda-Flugblätter in der Moorbek-Passage und anschließend auch in Norderstedt-Mitte an einige Hundert Haushalte verteilen. Allerdings war die Verweildauer in der Passage eher kurz, das dort zuständige Center-Management hat die Aktion der Rechtsradikalen noch nicht einmal bemerkt. Insbesondere die Verkleidung der NPD-Aktivisten, so berichteten Anwesende später, hätten dabei die Neugier der PassantInnen geweckt.
Die NPD und die "Soziale Frage"
Bereits seit Jahren bemüht sich die NPD um die "Soziale Frage", und das nicht ganz erfolglos. Beflügelt von der antisozialen Politik bürgerlicher Parteien und lediglich halbherzigem Widerstand der DGB-Gewerkschaften, stoßen die Neonazis in eine Art Lücke vor, umwerben örtlich intensiv die wachsenden Gruppen sozial Benachteiligter, um die sich ansonsten kaum mehr jemand schert. Zu dieser Strategie gehören einerseits antikapitalistische und soziale Parolen (Ziel: "nationaler Sozialismus"), die in großen Teilen der radikalen Linken abgeschrieben wurden, andererseits ein vereinzelt auch praktisches Eintreten für verarmte "Volksdeutsche". So wird von Suppenküchen und Sammlungen für Arbeitslose berichtet, die sogenannte "Freie Kameradschaften" - informelle Gruppen meist gewalttätiger Nazis - in einigen Städten Ostdeutschlands eingerichtet haben, oder von NPD-Familienfesten, die erschreckende Breitenwirkung erreichen.
Die NSDAP und die "Soziale Frage"
Tatsächlich beziehen sich NPD und Kameradschaften heute in Teilen auf den sogenannten "Strasser-Flügel" der NSDAP. Eine Strömung, die Ende der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts die soziale Frage betont- und somit auch große Teile der traditionell sozialdemokratischen- oder kommunistischen Arbeiterschaft für die NSDAP empfänglich gemacht hat. Dabei wurden soziale Rechte freilich stets auf die "Volksgemeinschaft", bzw. auf "Volksdeutsche" beschränkt und von ständiger Leistungsbereitschaft für das "Reich" abhängig gemacht. Bezeichnend, dass Hitler den Namensgeber der Strömung - Gregor Strasser - im Zuge des zu Propagandazwecken inszenierten "Röhm-Putsches" 1934 ermorden ließ. Einmal von internen Strategien abgesehen, haben die Nationalsozialisten als eine ihrer ersten Entscheidungen das Verbot der Gewerkschaften umgesetzt und die bestehenden Betriebsräte-Strukturen zerschlagen.
Die Arbeitgeber bedankten sich für so viel Parteinahme und bedachten die NSDAP und ihre Untergliederungen in der Folge mit großzügigen Spenden. Die Arbeitnehmer indes gingen leer aus, mussten Lohnverluste und deutlich verschlechterte Arbeitsbedingungen hinnehmen. Und zum Argument der "von Hitler gesenkten Arbeitslosigkeit": Die beruhte in ihren wesentlichen Zügen auf konjunkturellen Effekten und vor allem auf den schon ab 1933 angelaufenen Kriegsvorbereitungen. Ohne den am 1. September 1939 begonnenen Angriffskrieg der Nazis auf Polen und die schon zuvor abgeschlossenen Annektierungen, die neben zahllosen Morden vor allem auch Wirtschaftsräume und Ressourcen erschlossen, wäre das anfällige Wirtschaftskonstrukt der Faschisten bereits Anfang 1940 kläglich zusammengebrochen.
Segeberg: Bewegung im Stillstand
Doch zurück nach Norderstedt: Der aus Neumünster gesteuerte NPD-Ortsverband hat sich mit seiner Aktion in der Moorbek-Passage an einem bundesweit eher kläglich verlaufenen, vierten "Aktionstag gegen den G8-Gipfel" beteiligt und damit seit langer Zeit wieder ein Lebenszeichen in der Region von sich gegeben. Zwar beteiligte man sich am 1. Mai an einem Neonazi-Aufmarsch in Bad Bramstedt und legte Mitte März einen Kranz für den rechten Putschisten und Kolonial-General Lettow-Vorbeck in Pronsdorf (Kreis Segeberg) nieder, davon abgesehen scheint die "nationale Bewegung" in der Region aber eher auf der Stelle zu treten. Hatte man sich nach den Vorstandswahlen im April 2005 mit dem neuen Vorsitzenden Jan Henning eine Expansion in den Kreis Segeberg ausgerechnet, muss dieses Unterfangen mit Ausnahme vereinzelter Neumitglieder wohl als gescheitert angesehen werden. Da nützen auch Schaf und Esel nichts.