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Samstag, 23. Juli 2011, 6:17 Uhr

Bildungsministerium baut Demokratie-Defizit aus

Sanktionen gegen streikende Lehrer

Infoarchiv Norderstedt | Trotz erheblicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Sanktionen gegen streikende Lehrer, hat das schleswig-holsteinische Bildungsministerium im Kreis Segeberg drei verbeamtete Lehrkräfte für ihre Beteiligung an Arbeitsniederlegungen im Juni 2010 abgestraft. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften (GEW) kündigt Klagen an.

In allen drei Fällen geht es um Beförderungen: So ist dem Lehrer eines Norderstedter Gymnasiums eine höhere Besoldungsstufe verwehrt worden, indem man seine Beurteilung herunterstufte. Die Bewerbung einer Pädagogin auf den Leitungsposten einer Grundschule wurde ebenfalls über die Bewertung verhindert, sie erhielt zunächst die Note fünf, obwohl ihr ansonsten gute pädagogische Arbeit attestiert wurde. Fast schon bizarr der Fall einer Kaltenkirchenerin, die sich als stellvertretende Schulleiterin in ihrer Freizeit an Streikaktionen beteiligte: Da sie Führungskraft mit Vorbildfunktion sei, so soll das von Ekkehard Klug (FDP) geführte Bildungsministerium gegenüber der Frau betont haben, müsse sie noch schärfer abgestraft werden. 

Sabine Duggen

Sabine Duggen

Insbesondere der letzte Fall zeigt, wie es die Landesregierung mit demokratischen Grundsätzen und geltendem Recht hält. So verstößt es auch im Fall verbeamteter PädagogInnen gegen Grundrechte, gewerkschaftliche Aktivitäten in der Freizeit zu unterbinden. Aber auch die Sanktionierung von Arbeitsniederlegungen ist umstritten und dürfte nach Urteilen des Europäischen Gerichtshofs und des  Verwaltungsgerichts Düsseldorf kaum mehr haltbar sein. Deshalb sucht Sabine Duggen (Foto: gew-kreis-segeberg.de), Kreisvorsitzende der GEW, zur Zeit auch entsprechende Fälle, die sich für den Klageweg eignen. Sie ist über die Sanktionen extrem ungehalten: "Diesen Menschen", so die Gewerkschafterin, "verbaut das Kieler Bildungsministerium mit seinen Sanktionen die Zukunft oder hat sie ihnen schon verbaut". Zunächst einmal will die Gewerkschaft jetzt mit Einstweiligen Verfügungen verhindern, dass die anvisierten Jobs der betroffenen LehrerInnen mit anderen Kandidaten besetzt werden.

Am 3. Juni 2010 waren landesweit rund 2.000 Lehrkräfte in ihrer Arbeitszeit auf die Straße gegangen, um gegen längere Arbeitszeiten und Stellenabbau zu demonstrieren, dabei wurden sie in der Regel von ihren SchülerInnen und auch zahlreichen Eltern unterstützt. In Norderstedt beteiligten sich damals 1.500 Menschen an einer Protestkundgebung am Rande des Herold-Centers, die unter dem Motto "Klug macht dumm!" stand - eine Anspielung auf den Namen des Bildungsministers.