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Freitag, 5. April 2013, 10:25 Uhr
Antrag des Kinderschutzbundes wird nicht beraten
Politik verweigert Hilfe für missbrauchte Kinder
Olaf Harning | Harter Tobak, was der Segeberger Jugendhilfeausschuss da NICHT beschlossen hat: Weil der Kinderschutzbund für die Beratung jugendlicher Missbrauchsopfer einen laufenden Vertrag bis 2014 hat, sitzt die Kommunalpolitik dramatisch gestiegene Fallzahlen einfach aus.
828 Beratungskontakte pro Jahr sieht die bestehende Vereinbarung zwischen Kreis und Kinderschutzbund vor, die zur Zeit über Sprechstunden der vier Fachberatungsstellen in Bad Bramstedt, Bornhöved, Kaltenkirchen und Bad Segeberg zustande kommen. Das Problem: Im vergangenen Jahr waren es im richtigen Leben rund 400 "Kontakte" mehr. Weil diese zusätzliche Inanspruchnahme bislang ausschließlich auf dem Rücken seiner Mitarbeiterinnen lastet, hat Kinderschutzbund-Geschäftsführer Bernd Heinemann jetzt Alarm geschlagen und eine Erhöhung der Förderpauschale beantragt.
Doch die Kreispolitik verweigert die Hilfe: Zwar erkennt auch der Vorsitzende des zuständigen Jugendhilfeausschusses, SPD-Politiker Gerd-Rainer Busch, die Bedarfe an. Vor Auslaufen der bestehenden Verträge aber könne man "niemanden aus der Vertragsbindung entlassen." Im übrigen stünden zur Zeit keine Haushaltsmittel zur Verfügung, deshalb seien alle Fraktionen überein gekommen, den Antrag nicht zu behandeln. Soll heißen: Die Helfer haben Pech gehabt, bis Ende 2014 müssen sie die zusätzlich auflaufenden Opfer auf eigene Rechnung betreuen - oder eben abweisen. Was das konkret bedeutet, hat Heinemann auch schon deutlich gemacht: Da sich der Kinderschutzbund zur Hilfe verpflichtet sieht und mögliche Missbrauchs-Opfer nicht wegschickt, leisten seine Mitarbeiterinnen schon jetzt Mehrstunden, die nicht oder nicht vollständig vergütet werden.
Die Haltung der Kreispolitik ist umso erstaunlicher, als dass aus den Parteien im sogenannten "Kellerkind-Fall" erst kürzlich heftige Kritik an die Adresse von Landrätin Jutta Hartwieg und ihre Verwaltung gerichtet wurde. Neben dem Vorwurf, Informationen zurückzuhalten, stand damals vor allem die Kritik im Raum, das Jugendamt sei nicht ausreichend auf derartige Fälle von Kindeswohlgefährdung vorbereitet gewesen - auch personell. Wie aber passen solche Vorwürfe damit zusammen, einem anerkannten Träger Mittel für anerkannte Bedarfe zu verweigern? Das fragt sich wohl auch die stellvertretende Vorsitzende der Norderstedter SPD, die sich jetzt in einer Pressemitteilung zum Thema äußerte. Unter dem Motto "Guten Kinderschutz gibt es nicht zum Nulltarif!" stellt Sybille Hahn unmissverständlich fest: "Deshalb sind wir Sozialdemokraten der Meinung, dass es nicht dem besonderen Schutz und der sich ständig verändernden Umwelt von Kindern und Jugendlichen dient, Verträge erst kurz vor Ablauf der Laufzeit (3-5 Jahre) zu überprüfen und zu verbessern." Ein deutlicher Seitenhieb in Richtung ihrer Genossen im Kreis.
Außerdem verweist Hahn auf einen diametral entgegengesetzten Umgang mit gesteigerten Fallzahlen in Norderstedt. Hier wandte sich die Diakonie als Beratungsträger schon im Sommer letzten Jahres an die Politik und berichtete ebenfalls von stark erhöhten Fallzahlen. Der Jugendhilfeausschuss reagierte prompt und beauftragte die Verwaltung, die Mittel auf rund 50.000 Euro/Jahr zu verdoppeln. Diskussionen um Vertragslaufzeiten gab es hier nicht, die Entscheidung fiel einstimmig.
Ein Kommentar zu diesem Artikel
08.04.2013, 10:32 Uhr Anonymous: Politik verweigert Hilfe für missbrauchte Kinder
Zitat aus obigem Artikel:
"Doch die Kreispolitik verweigert die Hilfe....deshalb seien alle Fraktionen überein gekommen, den Antrag nicht zu behandeln"
Das ist so nicht richtig, denn es betrifft nicht DIE LINKE. Trotz diverser Anträge hatte die schwarz/gelbe Kreistagsmehrheit darauf beharrt, den Zuschnitt der Ausschüsse so zu belassen, dass die Linken trotz 7,4% kein Stimmrecht in den Ausschüssen haben.
Heinz-Michael Kittler Fraktion
DIE LINKE im Segeberger Kreistag