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Sonntag, 6. Februar 2011, 10:59 Uhr

Geschäftsleute wollen Rathausallee aufwerten

Noch ein(e) PACT

Im Zentrum des neuen PACT: Der Bahnhof Norderstedt-Mitte

Im Zentrum des neuen PACT: Der Bahnhof Norderstedt-Mitte (Foto: Infoarchiv)

Von Olaf Harning | Norderstedt hat seinen zweiten PACT, oder sollten wir besser sagen: Seine PACT? Die verbale Entgleisung hat nämlich den vollständigen Namen "Partnerschaft zur Attraktivierung von City-, Dienstleistungs- und Tourismusbereichen" und die also hat die Stadtvertretung jetzt für den Bereich links und rechts der Rathausallee beschlossen, um das Quartier Norderstedt-Mitte aufzuwerten. Vermutlich ohne Erfolg.

Erstaunlich grell leuchtete das grüne Licht für den Einkauf eines Quartiersmanagements an der Rathausallee dabei, auch wenn die grün-alternative GALiN selbst das Projekt als einzige Kraft in der Stadtvertretung ablehnte. Mit seltener schwarz-rot-rot-gelber Mehrheit machte die Kommunalpolitik vergangenen Dienstag den Weg für eine PACT rund um den Bahnhof Norderstedt-Mitte frei. Laut PACT-Gesetz können damit Geschäftsleute und GrundeigentümerInnen dieses zuvor konkret definierten Quartiers einen Teil der dortigen Städteplanung und gemeinsame Marketing-Aktionen aller Geschäfte durchsetzen - einschließlich ihrer finanziellen Beteiligung, versteht sich.

In Norderstedt-Mitte will man sich mit 36.000 Euro Anschubfinanzierung nun zunächst ein Quartiersmanagement einkaufen und ein Corporate Design geben - Name, Marke, Slogan. Das tun zwar zeitgleich annähernd alle Geschäftsstraßen, scheint aber dennoch als Heilsbringend zu gelten. Später schweben den InitiatorInnen bei jährlichen Kosten von 180.000 Euro "Gesundheitstage", spezielle Beleuchtungsaktionen und gemeinsame Bonus-Hefte vor. Außerdem wird das Quartiersmanagement künftig zentral dafür zuständig sein, wer im PACT-Bereich ein Geschäft eröffnen darf - und wer nicht.

Die InitiatorInnen orientieren sich dabei am angeblich erfolgreichen PACT am Schmuggelstieg. Dort gönnte man sich bereits vor Jahren eine entsprechende Organisation und tritt seitdem geschlossen auf. Das Wort "Erfolg" ist dabei allerdings höchts relativ: Zwar bringt das Quartiersmanagement der CIMA Beratung + Management GmbH schicke Hochglanzzettel heraus, hat - wir erinnern uns - Name, Marke, Slogan geschaffen und tritt mit dem Quartier verstärkt an die Öffentlichkeit heran. Das aber hat keineswegs dazu geführt, dass die leerstehenden Geschäfte vermietet werden können - schon gar nicht im gewünschten Branchenmix: Neben Nagelstudios, Wettbüros und Ein-Euro-Läden stehen heute sogar mehr Ladengeschäfte leer, als zu Beginn des Engagements. Und während man stets bestrebt ist, die Einkaufsstraßen mit Werbung oder bunten Fähnchen zu dekorieren, hat es auch in diesem Winter weder für die Fußwege noch die Parkplätze für einen vernünftigen Winterdienst gereicht.

Offenbar kein Grund, die Sinnhaftigkeit der Partnerschaften in Frage zu stellen: Während Norderstedt schon seine zweite PACT beschloss, gedeiht auf Hamburger Seite des Schmuggelstiegs ein BID, genauer: Ein OXBID. Was da nun wieder ist? Nun, das ist ein Business Improvement District (deutsch: Geschäftsverbesserungsbereich) und letztlich der Hamburger Bruder der Schleswig-Holsteinischen PACT. Eine Menge Arbeitsplätze also für Werber und Marketingexperten, die sich zwar hervorragend selbst in Szene setzen, in der realen Welt aber kaum Erfolge verzeichnen. Da geht es nämlich immer noch darum, ob die Mieten eines Quartiers der örtlichen Kaufkraft entsprechen. Und um (fast) nichts anderes.