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Montag, 11. Juni 2012, 11:36 Uhr

Virom-Konzern baut Stadtwerke-Projekt

Im Rechenzentrum spricht man rumänisch

Olaf Harning | "Virom International ist ein rumänisches Unternehmen in den Widerstand der Stahlbetonkonstruktionen für Großprojekte spezialisiert", so ist es auf der deutschsprachigen Internet-Seite des rumänsichen Baukonzerns Virom zu lesen. Was das heißen soll, ist ein wenig unklar - dass das Unternehmen gerade die Stahlbeton-Arbeiten im entstehenden Rechenzentrum an der Ulzburger Straße ausführt, hingegen Tatsache.

Rumänische Bauarbeiter in der Baugrube des Rechenzentrums

Rumänische Arbeiter in der Baugrube des Rechenzentrums (Foto: Infoarchiv)

Dutzende blauer Helme sind derzeit zu beobachten, wenn man in die gigantische Baugrube an der Ecke Ulzburger Straße/Buchenweg späht, Helme von Männern, die für ihren Job weit gereist sind. Sie betonieren die teils meterdicke Sohle des entstehenden Gebäudes, hantieren mit Großflächenschalung und stellen erste Wände. Während die bloße Herkunft der Arbeiter freilich keinen Anlass zur Kritik bietet, ist es der Ruf rumänischer und ganz allgemein (süd-)osteuropäischer Baukonzerne in Sachen Lohndumping. So gibt es nach Einschätzung der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) wohl nur wenige Baustellen mit einschlägiger Beteiligung, auf denen die Arbeiter den vollen Mindestlohn und dazu auch alle vorgeschriebenen Nebenleistungen erhalten.

Immerhin: Der eigentliche Auftragnehmer, das Hamburger Traditionsunternehmen Otto Wulff, hat Virom nicht primär deshalb engagiert, um Lohnkosten zu sparen, tatsächlich ist fast das Gegenteil der Fall. Laut Wolfgang Achilles, Betriebsratsvorsitzender des Baubetriebes, hat Otto Wulff sein gewerbliches Personal in den vergangenen Jahren beständig aufgestockt und zahlt ausnahmslos Tarif - und damit deutlich mehr, als den gesetzlichen Bau-Mindestlohn. Etwa 210 gewerbliche Beschäftigte hat das Bauunternehmen zur Zeit, insgesamt arbeiten rund 330 Bauleute für Otto Wulff - Tendenz weiter steigend. Für die beiden Rechenzentren - parallel zu dem Gebäude in Norderstedt entsteht ja ein baugleiches Haus in Alsterdorf - stand laut Achilles nun schlicht nicht genügend Personal zur Verfügung. Und da man mit Virom bereits gute Erfahrungen gemacht hat, griff man nach einer Ausschreibung schließlich auf diesen Subunternehmer zurück.

Schlechter war die Zusammenarbeit mit rumänischen Kräften 2011 beim Bau des Kulturwerks am See gelaufen. Das ausführende Berliner Unternehmen BSS GmbH hatte dort von Beginn an auf ohnehin kaum vorhandene, eigene Kräfte verzichtet und einen Großteil der Arbeiten an einen rumänischen Betrieb untervergeben - vermutlich das bereits für Lohndumping bekannte Unternehmen Posa Bau. Während in Norderstedt allerdings bis zuletzt unklar blieb, ob die Arbeiter korrekt entlohnt wurden, musste die IG BAU in Schwerin, Hamburg und Berlin tätig werden, weil Posa Bau seinen Leuten - jeweils als Subunternehmer von BSS - Teile der Löhne vorenthalten hatte.

Das Rechenzentrum wird an beiden zukünftigen Standorten vom öffentlichen Unternehmen Dataport betrieben und in Norderstedt von den Stadtwerken errichtet. Die rund 25 Millionen Baukosten holt sich der Norderstedter Eigenbetrieb über langfristige Mietverträge zurück - so der Plan.