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Donnerstag, 25. Oktober 2012, 16:08 Uhr

Strompreis: Jetzt kommt´s ganz Dicke

Drastische Erhöhung zum 1.1.2013 geplant

Stadtwerke Norderstedt, Foto: Infoarchiv

Infoarchiv Norderstedt | Die Werkleitung der Stadtwerke Norderstedt stellte gestern im zuständigen Ausschuss die geplante Anpassung der Strompreise für die Grundversorgung ab 01.01.2013 vor. Preistreiber sind dabei gesetzliche Umlagen und Entgelte.

Nach den Berechnungen der Werkleitung soll der Strompreis ab Januar 2013 um 2,83Ct/kWh steigen. Dies entspricht bei einem Durchschnittskunden mit 3.500 kWh Jahresverbrauch einer Erhöhung um 117,95 EURO im Jahr, bzw. um 13,2 Prozent. Diese Nachricht kam für alle Ausschussmitglieder in dieser Heftigkeit überraschend. Eine Vorbereitung auf den Tagesordnungspunkt war nicht möglich, da die tatsächliche Höhe der Umlagen und Netzentgelte teilweise erst am Sitzungstag bekannt gegeben wurde und die Beschlussvorlage als Tischvorlage erst kurz vor Sitzungsbeginn verteilt werden konnte.

Gert Leiteritz (CDU) sprach sich gegen die Zulassung der Dringlichkeit dieses Tagesordnungspunktes aus, da er sich außer Stande sah, eine derartig folgenreiche und komplizierte Entscheidung in der angestrebten Kürze der Zeit zu treffen. Dazu sei eine intensive Beratung in den Fraktionen erforderlich. Außerdem seien zu Teilen der Umlagen- und Entgelterhöhungen Klagen anhängig. Unterstützung bekam er in der Ablehnung der Dringlichkeit lediglich von Hans-Georg Becker (DIE LINKE). Mehrheitlich wurde die Beschlussvorlage dann auf die Tagesordnung gesetzt.

In der Tat befinden sich die Stadtwerke in einer misslichen Situation. Die Erhöhungen sind Bundesvorgaben, auf die die Stadtwerke gar keinen Einfluss haben. Die Erhöhungen greifen ab Januar 2013. Nach der Gemeinde- und Eigenbetriebsverordnung hat die Stadtvertretung nach Vorberatung durch den Stadtwerkeausschuss über die Preise für die Grundversorgung mit Strom zu beschließen. Das Energiewirtschaftsgesetz wiederum legt fest, dass die jeweiligen Tarife 6 Wochen vor Inkrafttreten zu veröffentlichen sind. Im vorliegenden Fall wäre das der 19.11.2012. Für den 13.11.2012 müsste eigens eine Stadtvertretersitzung einberufen werden, um die Tarife rechtzeitig zum 01,01.2013 ändern zu können. Jede Verzögerung würde den Stadtwerken, die ja die erhöhten Entgelte zu zahlen hätten, Mindereinnahmen bescheren.

Um was geht es im Einzelnen? Noch im März 2013 hatte die Werkleitung mitgeteilt, die Grundversorgungspreise bis zum 01.07.2013 stabil zu halten. Zwar hätten die Preise rechnerisch ab 01.07.2012 aufgrund des günstigeren Stromeinkaufs gesenkt werden können. Die seinerzeit prognostizierte Erhöhung der EEG-Umlage ab 2013 wurde mit höchstens 4,47 Ct/kWh (Umlage 2012 3,59 Ct/kWh) angenommen, was wiederum zu einer Erhöhung der Strompreise geführt hätte. Im Rahmen einer Mischkalkulation sah man sich allerdings in der Lage, die Preise bis zum 30.06.2013 stabil zu halten. Soweit die durchaus plausible Theorie. Doch wie so oft im Leben, kam alles anders.

Die jetzt feststehende Höhe der EEG-Umlage für 2013 übertrifft die prognostizierten Zahlen deutlich. Mit 5,277Ct/kWh liegt sie um 1,69 Ct/kWh über der bisherigen Umlage. Hinzu kommen noch die nach den Vorgaben der Bundesnetzagentur veranschlagten Netzentgelte für die Nutzung der Stromnetzte für die Grundversorgung für Haushalts- und Kleingewerbekunden. Gegenüber 2012 werden diese Entgelte um 0,71 Ct/kWh erhöht. Doch damit nicht genug. Seit dem 01.01.2012 werden energieintensive Industrieunternehmen von den Netzentgelten befreit (§19 StromNEV). Die Kosten dafür werden vor allem durch kleine Unternehmen und Endverbraucher im Rahmen einer Umlage getragen. Diese Umlage steigt ab Januar 2013 um 0,18 Ct/kWh. Und es geht weiter. Die KWK-Umlage nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz wird von 0,002 Ct/kWh auf 0,12 Ct/kWh erhöht. Zusätzlich zu all diesen Umlagen und Entgelten ist die Einführung einer „Offshore-Haftungsumlage“ zur Reduzierung von Haftungsrisiken für Übertragungsnetzbetreiber geplant, deren Höhe bei ca. 0,25 Ct/kWh liegen wird.

Auf den ersten Blick könnte man jetzt auf die Idee kommen, die Energiewende sei für die Explosion der Strompreise verantwortlich. Bei genauerem Hinsehen, wird allerdings klar, dass die Gründe ganz woanders liegen. Wie bereits erwähnt, sind energieintensive Unternehmen von den Netzentgelten befreit. Die stromintensive Industrie ist aber auch nur in geringem Maße an der EEG-Umlage beteiligt. In den letzten Jahren ist die Anzahl dieser privilegierten Betriebe ständig gestiegen. Waren es im Jahr 2011 noch knapp 600 Betriebe, stieg die Zahl im Jahr 2012 auf fast 700. In 2013 wird die Anzahl der privilegierten Betriebe durch die Absenkung der Schwellenwerte die 2000er-Marke durchbrechen. Auch hier werden die höheren Kosten auf die Endverbraucher umgelegt. Ebenso verhält es sich bei der KWK-Umlage. Das bekannte Spiel: stromintensive Betriebe zahlen weniger, der Endverbraucher entsprechend mehr. Diese unselige Tradition wird bei der neuen „Offshore-Haftungsumlage“ fortgesetzt. Auch hier wird die energieintensive Industrie zu Lasten der Endverbraucher begünstigt. So wird klar, dass die Strompreise durch eine ungerechte Verteilung der Kosten für den Endverbraucher nach oben getrieben werden.

Zusammengefasst ist festzustellen, dass ab Januar 2013 die Netzentgelte um 0,71 Ct/kWh, die Umlage nach §19 Strom NEV um 0,18 Ct/kWh , die KWK-Umlage auf 0,12 Ct/kWh steigen und die neue Offshore-Haftungsumlage auf 0,25 Ct/kWh festgelegt werden. Insgesamt betragen die Kostenerhöhungen damit 2,95 Ct/kWh. Auf diese Erhöhungen haben die Stadtwerke keinen Einfluss. Die Stadtwerke wollen diese Kostenerhöhung jedoch nicht im vollen Umfang an die Kunden weitergeben, da der Stromeinkauf für 2013 gegenüber der letzten Preisanpassung günstiger erfolgt ist. Im Ergebnis schlägt die Werkleitung daher eine Anpassung der Grundversorgungspreise um 2,83 Ct/kWh vor. Im Ausschuss wurde deutlich, dass die Fraktionen hinsichtlich dieser Kalkulation noch Klärungsbedarf haben. Die Werkleitung wird wohl alle Fraktionen aufsuchen müssen, um zu versuchen alle strittigen Fragen zu klären.