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Mittwoch, 29. Oktober 2003, 1:00 Uhr
Sozialabbau an allen Fronten
Krisenbetten vor der Schließung
Info Archiv | Dabei wird die Leitung des Amtes für Junge Menschen mit Amtsleiterin Sabine Gattermann und ihrem Stellvertreter Klaus Struckmann zunächst antworten, eine Schließung dieser Einrichtung sei keinesfalls gewollt. Tatsächlich aber ist allen Beteiligten klar, dass bei den zur Abstimmung am 5. November vorgelegten Kürzungen im Gesamtwert von 451.000 Euro (Jugendarbeit insgesamt) die bisherige Arbeit der Krisenbetten schlicht nicht aufrechtzuerhalten ist.
Selbst in der Beschlussvorlage der Amtsleitung ist das nachzulesen: "Die Kirchengemeinde Vicelin/Schalom hat zu dem sie betreffenden Teil des Organisationskonzeptes Stellung genommen (...). Darin wird u.a. ausgeführt, dass (...) der Träger für Straßensozialarbeit ohne Krisenbetten nicht zur Verfügung steht", und: "dass die bisherige Arbeit mit den angestrebten Kürzungen nicht aufrecht erhalten werden kann."
Doch das ficht die Verwaltung unter der ehemaligen
Gleichstellungsbeauftragten (!) Gattermann nicht an. Wohlwissend, dass es hier vor allem junge Mädchen und Frauen trifft, die nicht selten auch Opfer häuslicher Gewalt wurden, sollen bis zu 100.000 Euro (von bisher 135.000 Euro) jährlich - und damit mehr als 73 % der bisherigen Fördermittel "eingespart" werden, so Pastor und Kirchenvorstand Christian Stehr. Die Stadt wolle angesichts ihrer Finanzlage nicht mehr zahlen, als der Kreis Segeberg, der den "Licht Blick" mit jährlich 30.000 Euro fördert.
Die vier Krisenbetten des Projektes stehen Jugendlichen zwischen 16 und 27 Jahren Alter offen. Die Betroffenen dürfen dort bis zu zwei Monate zubringen, während ihnen massgeblich bei der Suche nach Alternativen und Beratungsangeboten geholfen wird. In sieben von zehn Fällen gelingt den MitarbeiterInnen der Einrichtung dabei, die Jugendlichen wieder einigermaßen "auf die Beine zu stellen", oftmals mit nachhaltigem Erfolg.
Das Absurde am jetzt geplanten Todesstoß von Gattermann & Co: Tatsächlich verursacht die angebliche Einsparung weit mehr Kosten, als bislang: Würde nämlich, so Pastor Stehr, den Jugendlichen nicht geholfen, entstünden zahlreiche Mehrleistungen wie etwa Sozialhilfe oder Obdachlosenunterkünfte. Die Straßensozialarbeit mit den Krisenbetten leiste bis jetzt einen wichtigen Beitrag zum Sozialen Frieden in der Stadt.
Am Rande sprach Stehr im Gespräch mit der Norderstedter Zeitung übrigens auch ein weiteres Thema an: Während der Norderstedter Jugendarbeit mit dem Skandalkonzept "Jugendarbeit 2010" förmlich die Existenzgrundlage weggeschlagen wird, schmeissen gerade Bürgermeister Grote und die örtliche CDU in anderer Frage mit Geld nur so um sich. Niemand beispielsweise kann die Frage beantworten, warum das jährliche Minus des High-Tech-Projektes wilhelm.tel in Höhe von 3,5 Millionen Euro (!) gedultet wird. Und wenn man die Kosten des mittlerweile gegen die Wand gefahrenen "Logistikzentrums" in Flughafennähe betrachtet, treten einem Tränen in die Augen. Pastor Stehr: "Alleine die Kreditzinsen für den Flächenkauf sind höher als die Zuschüsse für den Licht Blick". Da werden halt Prioritäten gezogen.
Ergänzung 6. November 03
Um zu verhindern, dass der Kürzungsrausch der Stadtvertreter nun auch noch dem "Licht- Blick" die Existenzgelder entzieht, sammelt die Kirchengemeinde Vicelin-Schalom Unterschriften zum Erhalt von Straßensozialarbeit und Krisenbetten.
In der Kirchengemeinde Schalom informiert ein Infobrett im Eingangsbereich über die bedrohliche Situation für den Licht-Blick,
eine Einrichtung, die ohne Frage nicht nur in Norderstedt, sondern in der gesammten Region eine Versorgungslücke im Hilfesystem schließt.
"...Wie ist das mit der Politik", schreibt eine ehemalige Nutzerin
des Licht-Blick in einem offenen Brief. "Ich denke die Jugend ist die Zukunft von Morgen und da soll ausgerechnet der "Licht-Blick" Einsparungen treffen ?"
Die Unterschriftenlisten liegen in der Kirchengemeinde Schalom, Lütjenmoor 13, aus. Sie können aber auch während der Öffnungszeiten des Infoarchives in den Räumen Waldstr. 41 unterzeichnet werden.
Die Unterschriften werden dem Bürgermeister persönlich vorgelegt.