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Donnerstag, 18. September 2003, 2:00 Uhr
"Schwitzen statt sitzen"
Segeberger Grüne wollen "intelligent" strafen
Info Archiv | Wer sich den überaus bemerkenswerten Slogan "Schwitzen statt Sitzen" ausgedacht hat, paßt sowohl in die derzeitige politische Landschaft, als auch in die Partei. Unter dem Hauptgedanken, dass Haftstrafen für Bagatelldelikte vor allem eines zur Folge haben - nämlich Kosten für den Staat - trafen sich deshalb am 18. September ParteigängerInnen und SympathiesantInnen der auch im Kreis stark schrumpfenden Grünen zum Gedankenaustausch.
Vielen BürgerInnen sei nicht bewußt, so Ursula Kehl - Sprecherin der Grünen im Kreis Segeberg, dass beispielsweise Ersatzfreiheitsstrafen für zahlungsunfähige SünderInnen "dem Staat eine Menge Geld kosten und ohnehin knappe Haftplätze belegen". Schleswig-Holstein mache, so Kehl weiter, „schon seit Jahren gute Erfahrungen damit, anstatt entsprechend Verurteilte ihre Strafe absitzen zu lassen, sie zu gemeinnütziger Arbeit anzuhalten".
Das habe viele Vorteile: Da weniger Haftplätze in den Gefängnissen belegt würden, spare das jeweilige Bundesland viel Geld, hinzu käme der Wert der geleisteten Arbeit. Darüber hinaus diskutierten die Grünen auch angeblich "intelligente" Strafen wie Fahr- und Urlaubsverbot (!) oder den Entzug des Reisepasses.
Auch über das "Unrechtsbewußtsein" der Bevölkerung machten sich die Grünen während der Veranstaltung so ihre Gedanken. "Zeitnahe Bestrafung durch schnelle Verhandlungen" soll laut Ursula Kehl eben jenes "erhalten bzw. (...) stärken". Einmal davon abgesehen, dass es natürlich im Interesse der Betroffenen liegt, nicht für Kleinsdelikte oder wegen ihrer sozialen Situation ins Gefängnis (und nicht über "Los") zu gehen, macht die Herangehensweise der regionalen Grünen deutlich, wie weit die Verdrehung ehemals fortschrittlicher Gedanken zu einem reaktionären Gesellschaftsbild gediehen ist. Nicht die Erkenntnis, dass der Strafgedanke kein Wert an sich und vor allem destruktiv ist, stehen bei Kehl und ihren ParteifreundInnen im Vordergrund, sondern die verursachten Kosten. Nicht der Schaden, der bei den überwiegend sozial benachteiligten Betroffenen entsteht ist Gegenstand ihrer Überlegungen, sondern der Nutzen ihrer erzwungenen Arbeit.
Ganz davon abgesehen, dass wir solche Parolen bis vor einigen Jahren ausschließlich aus etwas anderen politischen Lagern vernahmen, sollten die Kreisgrünen vielleicht einmal einen Ausflug zur Justizvollzugsanstalt Glasmoor unternehmen, wo ihre Ideen bereits in Stein gehauen sind. Über dem Eingangstrakt der Haftanstalt steht dort seit den zwanziger Jahren zu lesen: "Bessert die Erde durch den Menschen und ihr bessert den Menschen durch die Erde" - eine Parole, die vom bekannteren "Arbeit macht frei" nicht allzuweit entfernt ist.