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Mittwoch, 26. Oktober 2011, 22:51 Uhr

NIG fordert mehr Flugverkehr über Hamburg

... damit es in Norderstedt ruhiger wird

Die Garstedter Feldmark ... alias Flugschneise Nord (Foto: Infoarchiv)

Die Garstedter Feldmark ... alias Flugschneise Nord (Foto: Infoarchiv)

Von Olaf Harning | Ihre Forderung ist nicht neu, doch jetzt wollen die Fluglärm-Gegner damit vor Gericht ziehen: Mit einer Klage der Interessengemeinschaft Flugschneise Nord soll erreicht werden, dass die vier Einflugschneisen des Hamburger Flughafens Fuhlsbüttel künftig gleichmäßig belastet werden. Dass der Flugverkehr damit verstärkt über dicht besiedelte Hamburger Stadtteile verlagert würde, scheint die Aktiven nicht zu stören.

Tatsächlich verteilen die Verantwortlichen des Hamburger Airports die Start- und Landebewegungen traditionell höchst ungleich: Rund 44% aller Flugbewegungen wurden 2010 über die nördliche Schneise abgewickelt, 28% über Langenhorn (Osten), 24% in, bzw. aus Richtung Niendorf (Westen) während nur 4% der Starts und Landungen die Menschen in Alsterdorf und weiter südlich gelegenen Stadtteilen belastete. Doch das hat einen guten Grund: Richtung Norden ist zumindest der Nahbereich des Flughafens unbesiedelt, die Maschinen überfliegen hier lediglich Felder und die Garstedter Feldmark. In Richtung Alsterdorf hingegen schweben die Maschinen direkt über mehreren, eng bebauten Stadtteilen ein.

"Möglichst wenig Menschen mit Fluglärm belasten"

 

"Grund für die Bahnbenutzungsregeln ist ebenso wie für die Festlegung von Abflugrouten der Versuch, möglichst wenig Menschen mit dem Fluglärm zu belasten. Richtung Norden ist vor allem der Nahbereich des Flughafens, in dem die Schallpegel besonders hoch sind, kaum besiedelt. Deshalb sollen die besonders lärmintensiven Starts in diese Richtung erfolgen. Bei der Vorschrift, nachts aus Richtung Norden zu landen, steht im Hintergrund, dass die von Landungen betroffene nächstgelegene dichte Besiedlung sich dort in ca. 10 km Entfernung befindet (Quickborn), während die anderen Bahnrichtungen praktisch bis an den Flughafenzaun dicht besiedelt sind."

 

Die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt auf ihrer Homepage.

Von diesem Argument lassen sich jedoch weder die IG Flugschneise Nord, die Menschen in Quickborn und Umgegung vertritt, noch die Norderstedter Interessengemeinschaft für Fluglärmschutz (NIG) beindrucken: Sie wollen eine "gerechte" Verteilung der Starts und Landungen jetzt sogar gerichtlich durchsetzen und sind über den Status Quo empört. Hans Schwarz, langjähriger Vorsitzender der NIG, gegenüber der Norderstedter Zeitung: "Über die Norderstedter Bahn wickelt der Flughafen im Jahresschnitt sogar rund 70 Prozent aller Starts ab, so dass wir hier besonders betroffen sind. Die Hamburger hingegen werden geschont, über die Alsterdorfer Bahn startet und landet nur gut ein Prozent der Maschinen".

Unterstützt wird die Interessengemeinschaft von der GALiN und ihrer Fraktionschefin Maren Plaschnick. Die ist vor allem über die spärlichen Bemühungen von Stadtverwaltung und Bürgermeister erzürnt, den 2008 beschlossenen "Lärmaktionsplan 2013. Norderstedt. Lebenswert leise." umzusetzen und den Flughafenbetreiber unter Druck zu setzen. In der Präambel des Aktionsplans heißt es unter anderem: "Im Interesse der Norderstedter Bevölkerung ist es daher wichtig, eine spürbare Reduzierung des vom Hamburger Flughafen ausgehenden Fluglärms zu erreichen. Die Stadtvertretung setzt sich mit Nachdruck für eine schnelle Fertigstellung des Lärmaktionsplans für den Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel ein". Mit dieser Forderung ist man jedoch bislang auf wenig Gegenliebe gestoßen, die Hansestadt jedenfalls beließ es trotz weitreichender Zusagen bisher bei einer "Mitwirkungsveranstaltung" für die betroffenen Kommunen - und die fand bereits 2008 statt. Plaschnick fordert - übrigens ebenso wie LINKEN-Fraktionschef Miro Berbig - eine finanzielle Beteiligung Norderstedts an der Klage der IG Flugschneise Nord. Sowohl Nachbarin Quickborn, als auch Norderstedt hatten das auch ursprünglich zugesagt, inzwischen rudern jedoch beide Kommunen zurück: Hintergrund ist die juristische Einschätzung, dass die Klage selbst zwar gute Erfolgsaussichten hat, eine damit notwendige Neufassung der Bahnbenutzungsregelungen jedoch eine sogar noch stärkere Belastung der nördlichen Einflugschneise zur Folge haben könnte. Einer von mehreren Gründen für die Fraktionen von SPD, CDU und FDP in der Norderstedter Stadtvertretung, eher auf Verhandlungen mit dem Flughafen zu setzen, denn auf eine Klage.

Neben der Umverteilung der Flugbewegungen über die Hansestadt fordert die NIG übrigens auch den Bau des umstrittenen Großflughafens Kaltenkirchen, der seit rund 30 Jahren immer mal wieder auf der Agenda norddeutscher Verkehrspolitiker erscheint. Die Fluglärm-Gegner scheinen damit ausschließlich auf das Prinzip "Nicht vor meiner Haustür!" zu setzen, das zugrunde liegende Problem einer schlicht zu hohen Zahl von Flugbewegungen hingegen fast völlig außer acht zu lassen. Zumindest so weit will ihr dann auch die GALiN nicht folgen, gegenüber dem Infoarchiv jedenfalls erteilte Plaschnick dem Flughafenprojekt eine klare Abfuhr. Um den Flugverkehr insgesamt zu begrenzen, regt sie an, "endlich das Kerosin zu besteuern".