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Dienstag, 11. Januar 2011, 11:53 Uhr

Kreisel oder Ampel: Interessengemeinschaft haut auf den Putz

Wann gibt es die ersten Toten?

qualmender Auspuff

qualmender Auspuff

Hans-Georg (Felix) Becker | Der Ausbau des Kreuzungsbereichs Friedrichsgaber WegStettiner Straße hat in der Vergangenheit bereits zu heftigen Diskussionen und Protesten der Anwohner und zur Gründung einer Interessengemeinschaft geführt. In einem Brief an die Verwaltung, die Politik und die Presse machen die Anwohner ihrem Unmut über die Entwicklung ein weiteres Mal Luft.

Ursprünglich sollten die Gebäude des Friedrichsgaber Weges 147 bis 149, die gegenüber des Einmündungsbereichs der Stettiner Straße in den Friedrichsgaber Weg liegen, sozialen Einrichtungen wie dem "Sozialen Zentrum", den sozialpädagogisch betreuten Krisenbetten von „Lichtblick“ und  dem Kriminalpräventiven Rat angeboten werden. Zusätzlich dazu sollte der Kreuzungsbereich um eine Abbiegerspur in Richtung Stettiner Straße mit einer Ampelanlage erweitert werde. Der Kauf der Häuser sowie die Planungen zu den Straßenerweiterungsarbeiten wurden verwaltungsseitig veranlasst. In dieser Planungsphase gab es die ersten Beschwerden der Anwohner. Die Argumentation gegen die Planungen richtete sich zuerst gegen den Einzug des sozialen Zentrums in die Häuser.  Die in solchen Zusammenhängen oft herbeigedrohte „Hafenstraße“ fehlte auch diesmal nicht im Vokabular der aufgeregten BürgerInnen. Nach heftiger Kritik durch die Parteien SPD GALiN und DIE LINKE an dieser Art der Argumentation, verlegten sich die AnwohnerInnen auf die Forderung nach einem Abriss der fraglichen Häuser aus verkehrlicher Sicht. Die geplante Abbiegespur wurde abgelehnt und der Bau eines Kreisels gefordert. Nur ein Kreisel könne für einen vernünftigen Verkehrsfluss sorgen – und für den größeren Platzbedarf eines Kreisels müssten die Häuser eben verschwinden. Die von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachten ließen den Bau einer Abbiegespur sinnvoller erscheinen. Und so wurde diese Abbiegespur auch mittlerweile baulich umgesetzt. Der Protest der AnwohnerInnen hörte allerdings nie auf und wurde in einer Interessengemeinschaft kanalisiert..

Nun wandte sich  diese Interessengemeinschaft in einem Brief an die Verwaltung, die Politik und die Presse. Der Brief beginnt mit der „Feststellung, dass sich die Befürchtungen nicht nur bestätigt haben, sondern sogar noch übertroffen wurden.“ Demnach „…leiden (die Anwohner) jetzt mehr als vor den Bauarbeiten“. Da ist die Rede von Riesenstaus, Gestank und Giftgasen, Feinstaubbelastung, Lärm durch stehende und startenden Fahrzeuge und überlaute Radio- und Musikanlagen mit dröhnenden Bässen.“ Und man ist sich sicher, dass das letztgenannte Problem noch viel schlimmer wird, „wenn ab Frühjahr mit offenen Auto-Dächern und Fenstern gefahren wird.“ Überhaupt wird dem Fehlverhalten von AutofahrerInnen großer Raum eingeräumt. Unfallgefahren würden von Autofahrern ausgehen, „die kurz vor der Ampel noch sehr beschleunigen, …sogar noch unmittelbar vor der Ampel überholen“ oder gar „bei Rot über die Ampelanlage fahren". In der Denkweise der AnwohnerInnen muss das in der Frage münden: „Wann gibt es den ersten toten Radfahrer oder Fußgänger?“ Bevor abschließend erneut der  Abriss der drei Häuser gefordert wird („Übrigens könnte der Abriss den Ortsfeuerwehren sowie anderen Rettungsdiensten unter erschwerten Bedingungen sehr gut als Übung dienen“), sorgen sich die InteressengemeinschaftlerInnen noch um das etwaige Wohlergehen von Menschen „mit moslemischem Hintergrund“. Denn die Unterbringung von Menschen dieses Personenkreises in der fast 200 Jahre alten Bauernkate mit „damaliger Nutzung u.a. als Schweine- und Hühnerstall“ würde einen „Aufschrei“ verursachen.

Ob Kreisel oder Abbiegespur: Die Beschwerden über zuviel Autoverkehr und dessen Folgen werden sich weder durch die eine oder andere Lösung  vermindern. In diesem Zusammenhang erinnert man sich an einen denkwürdigen Redebeitrag einer der AnwohnerInnen anlässlich der Einwohnerfragestunde während einer Stadtvertretersitzung. Die Dame empfand großes Mitleid mit den AutofahrerInnen, die wegebn der Ampelanlage im Stau stehen würden. Dabei könnte sich das Mitleid in Grenzne halten. Denn genau geommen stehen die AutofahrerInnen gar nicht im Stau - sie verursachen ihn. Die Frage, ob all diejenigen, die sich dort gegenseitig stauen, wirklich unabänderlich und dringlich mit dem PKW fahren müssen, sollte erlaubt sein. Und: In den meisten Autos sitzt nur eine Person. Auch ziemlich doof. Unbestritten leiden die AnwohnerInnen des Kreuzungsbereichs unter den gegebenen Umständen. Da können sie sich  allerdings mit vielen anderen NorderstedterInnen zusammen tun. Die Verkehrsprobleme durch den motorisierten Individualverkehr  lassen sich im Grunde nur durch eine konsequente Verkehrspolitik hin zu einem in allen Punkten wesentlich verbesserten öffentlichen Personennahverkehr, zum qualitativ hochwertigen Ausbau des Fahrradwegnetzes und mit einer entsprechenden städtebaulichen Planung lösen. Hier ein Kreisel mehr, da eine Ampelanlage weniger: verkehrspolitischer Popelkram.