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Samstag, 14. Juni 2003, 2:00 Uhr

Kommunaler Festakt für Gerhard Hoch

Lokalhistoriker wird erneut für seine Arbeit geehrt

Info Archiv | Gerhard Hoch wurde 1923 in Alveslohe geboren und verlebte Kindheit und Jugend in der Zeit des deutschen Faschismus. Er war Mitglied der Hitler-Jugend und, wie er selbst betont, überzeugter Nationalsozialist. Nach der Lehrerausbildung in Lunden im Kreis Norderdithmarschen - vgl. seine Darstellung dieser NS-spezifischen Einrichtung in diesem Heft - wurde er zur Wehrmacht eingezogen und geriet in alliierte Kriegsgefangenschaft. Dort begann die grundlegende Neuorientierung, die sich über das Studium der Theologie und eine Teilnahme an der Bewegung gegen die Wiederbewaffnung und die Notstandsgesetze fortentwickelte. Gerhard Hoch ist Mitglied einer lokalen Initiative der Friedensbewegung.
Als Gründungsmitglied des Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein e.V. im Jahre 1983 verkörpert Gerhard Hoch geradezu beispielhaft Intention und Interesse dieses Arbeitskreises von Lokalhistorikern: Die vergessene und verdrängte Geschichte des Nationalsozialismus bekannt zu machen, Defizite der an der Kieler Universität angesiedelten "offiziellen" Geschichtsforschung aufzuarbeiten und mit den neuen Methoden der "Oral History" und "Geschichte von unten" weitere Erkenntnisse über die NS-Zeit zu gewinnen. Wozu dies aus seiner Sicht auch gesellschaftspolitisch dient, machte Hoch auch im Interview für eine Lokalzeitung deutlich: "Es hilft vielmehr, daß die Kenntnis der Verbrechen und Fehler früherer Generationen, aber auch die Beispiele des Widerstandes, den jungen Menschen den Weg in eine menschliche, das heißt in eine demokratische Gesellschaft weist."
Gerhard Hoch forschte hauptsächlich über die nationalsozialistische Herrschaft in seiner Region. Seine Arbeit mit dem Titel Zwölf wiedergefundene Jahre über Kaltenkirchen unter dem Hakenkreuz aus dem Jahre 1980 wurde einerseits in der Fachwelt bekannt und als exemplarische Regionalstudie hoch gelobt, andererseits vor Ort mit Mißachtung und Ablehnung beantwortet (siehe hierzu Gerhard Hochs Bericht im Heft 28 dieser Zeitschrift). Der Autor galt damals in seinem Wohnort als "Nestbeschmutzer".
Das hat sich inzwischen geändert. Immer wieder laden Geschichtslehrer ihn als Sachverständigen und Zeitzeugen zum Vortrag über den Nationalsozialismus in den Unterricht ein. Die Verleihung der Ehrennadel im Bürgerhaus in Kaltenkirchen unterstreicht die Bedeutung seines Engagements. Die von Gerhard Hoch geleistete Aufklärungsarbeit über das Aufkommen und die Herrschaft des Nationalsozialismus - u.a. in seiner Studie Das Scheitern der Demokratie im ländlichen Raum (1988) - findet heute zunehmend Anerkennung. Trotzdem ist die in seinem Buch Von Auschwitz nach Holstein (1990) beschriebene Verweigerung der Mithilfe von Repräsentanten bei der Erforschung der Geschichte des eigenen Ortes am Beispiel des Kreises Segeberg, ja geradezu die Wiederbelebung einer "Volksgemeinschaft" zum "Schutz" des Dorfes, aber deshalb noch längst nicht überwunden. Außer seinen so zahlreich erschienenen kleineren Veröffentlichungen sollen abschließend noch seine Forschungen über Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in Schleswig-Holstein erwähnt werden. Mit Verschleppt zur Sklavenarbeit (1985) hat Gerhard Hoch als Mitherausgeber eine Aufsatzsammlung publiziert, die noch immer die einzige Darstellung dieses Kapitels der schleswig-holsteinischen Geschichte ist.
Der mittlerweile 80jährige wurde unter anderem im Mai 1996 mit der Ehrennadel des Landes Schleswig-Holstein und 2001 mit dem "Marion-Samuel-Preis" der Stiftung "Erinnerung" ausgezeichnet worden. Doch das sind letztlich nur kleine Momente der Anerkennung für ein Lebenswerk, dass man nicht hoch genug schätzen kann.

Weitere Informationen gibt es unter anderem bei www.akens.org

Veröffentlicht in Geschichte mit den Schlagworten Schleswig-Holstein