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Freitag, 9. April 2004, 2:00 Uhr

Jungheinrich made in China

Alleine in Frankreich über 300 Arbeitsplätze vernichtet - Rückzug aus Gabelstapler-Produktion in Deutschland ?

ETX | In Folge davon wird in diesem Jahr die Produktion der Junioren nach Norderstedt verlagert. Die Vernichtung erst des englischen Produktionsbereiches in Leighton Buzzard im vergangenen Jahr und danach die Vernichtung des französischen Standortes in 2004 kann einem außenstehenden Beobachter das Bild vermitteln, daß der Konzern dabei ist, sich in Raten aus der Produktion von Gabelstaplern zurückzuziehen, um ein reines Handelshaus zu werden. Die Absicht, den Handgabelhubwagen beim Konkurrenten künftig aus China zu beziehen, birgt außerdem die Gefahr, in Abhängigkeit vom marktbeherrschenden Produzenten in China zu geraten.

Schließung der MIC S.A. in Argentan

Die besondere Dramatik der Beschlußvorlage „Schließung der MIC in Argentan“ bestand darin, daß bis zuletzt echte Alternativen für die Fortführung des Werkes nicht nur von der dortigen Belegschaft erhofft, sondern real möglich gewesen wären. In detailliert ausgearbeiteten Stellungnahmen hatten die ArbeitnehmervertreterInnen des Werkes in Argentan konkrete Vorschläge gemacht. Die Kapitalseite aber wollte nicht.
Die MIC S.A. gehört seit 30 Jahren zu Jungheinrich: Die MIC, einst weltgrößter Hersteller von Handgabelhubwagen, ist immer als wichtiger Bestandteil des Jungheinrich Konzerns angesehen worden. Im letzten Jahrzehnt ist die Weiterentwicklung dieses Standortes aber sträflich vernachlässigt worden.
Die Belegschaft der MIC in Argentan hat an dieser Entwicklung keine Schuld. Den 310 Kolleginnen und Kollegen und ihren Angehörigen wird durch die Entscheidung, dieses Werk in der strukturschwachen Gegend der Normandie zu schließen, die Existenzgrundlage entzogen. Wut und Trauer beherrscht seit dem Beschluß des Aufsichtsrates im Dezember das Bewußtsein der Belegschaft und ihrer Arbeitnehmervertreter in Argentan. In keiner Weise wurde der Belegschaft die Chance gegeben, in Verhandlungen ihre Alternativkonzepte wirklich auf Machbarkeit hin zu prüfen. Die ArbeitnehmervertreterInnen der MIC wurden durch die Drohung, die MIC S.A. in die Insolvenz gehen zu lassen, unter Druck gesetzt. Insolvenz, das hätte bedeutet: Das Werk wäre geschlossen worden, und Jungheinrich hätte nach französischem Recht nur die Minimalstandards eines Sozialplans zu zahlen brauchen.
So in die Enge getrieben, mußten sie die Verhandlungen mit der Konzernleitung aufnehmen. Immerhin haben sie ein Volumen für den Sozialplan erstreiten können, das erheblich über dem liegt, was in Frankreich bei vergleichbaren Situationen gezahlt wird.
Dennoch: Was bleibt, ist Erwerbslosigkeit in dieser strukturschwachen Gegend in allen ihren Formen und Folgen. Die meisten werden arbeitslos bleiben; wer kann, zieht weg in eine andere Gegend; und, wer Glück hat und es sich leisten kann, geht in den vorzeitigen Ruhestand.

Letzte Kontakte

Ende Januar 2004 hat eine Delegation von IG MetallerInnen aus der Jungheinrich AG die Gelegenheit gehabt, Argentan zu besuchen
und sich ein Bild von der dramatischen sozialen Situation in dieser Region machen können. Die Kolleginnen und Kollegen haben dabei ihre solidarische Verbundenheit mit der Belegschaft in Argentan zum Ausdruck gebracht. Es war ein sehr trauriger Abschied.

Vor der Reise nach China: Stapler, noch tariftreu gefertigt ...

Veröffentlicht in Arbeit & Kapital mit den Schlagworten Jungheinrich, Norderstedt