Olaf Harning | Daher "appellieren" die Arbeitsämter an die Unternehmen, künftig verstärkt auszubilden. Fast Flächendeckend ging die Zahl der Ausbildungsplätze im Kreis Segeberg zurück. Die Unternehmen nutzen derweil die Gunst der Stunde und mahnen eine "passgenaue" Schulausbildung an. So bemängelt Werner Kopitzke (63), Ausbildungsleiter der Werkzeugbau-Firma Mohr in der heutigen Ausgabe der "Norderstedter Zeitung", dass Fertigkeiten wie Prozentrechnen und Dreisatz nicht ausreichend beherrscht würden.
Immer häufiger fordern Arbeitgeberverbände den stärkeren "Praxisbezug" der Schulausbildung. Hintergrund: Man legt in den Betrieben oft nicht allzuviel Wert auf Allgemeinwissen und soziale Fertigkeiten der Azubis, sondern auf spezielle Fähigkeiten, die an den jeweiligen Arbeitsplätzen abgerufen werden. In Hamburg hat dieser Trend sogar dazu geführt, dass derzeit ernsthaft die Privatisierung der Berufsschulen erwogen wird - eine enorme Gefahr für den Bildungsstand von Jugendlichen.
So protestieren in Hamburg momentan nicht nur Gewerkschaften und LehrerInnenverbände gegen den steigenden Einfluß von Unternehmen in der Berufsausbildung. Um jedoch vollendete Tatsachen zu schaffen, ziehen sich immer mehr Arbeitgeber aus der paritätischen Ausbildung (in Betrieb und Berufsschule) zurück: Sie überlassen die Lehrlinge anderen Unternehmen oder staatlichen Bildungsträgern und profitieren anschließend kostenlos von den erlernten Fähigkeiten der Azubis. Folge: Alleine im Kreis Segeberg ging 2003 die Zahl der Ausbildungsstellen um 100 zurück und der Abwärtstrend hält weiter an.
Immer lauter wird deshalb die Forderung an die Bundesregierung eine Ausbildungsplatzabgabe einzuführen. Danach würden Betriebe, die nicht ausbilden, künftig wenigstens dazu verpflichtet, sich an der Finanzierung der Berufsausbildung zu beteiligen. Der Ausstieg aus dieser gesellschaftlichen Verantwortung würde dann eher unattraktiv werden.