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Donnerstag, 22. September 2011, 12:14 Uhr

Grüner wird´s nicht

Bündnis90/Die Grünen: Ortsverband in Norderstedt gegründet

einfach nur Grün

einfach nur Grün

Hans-Georg (Felix) Becker | Es kommt nicht wirklich überraschend. In der letzten Woche gründete sich (wieder) ein Ortsverband von Bündnis90/Die Grünen in Norderstedt. Bereits Ende letzten Jahres berichtete das Infoarchiv über die Planung der Partei auch in Norderstedt wieder Fuß zu fassen.

Im Herbst 2001 waren im Rahmen einer bundesweiten Austrittswelle die beiden Stadtvertreterinnen Brita Pfeiler und Anette Reinders aus der Partei Bündnis90/Die Grünen aufgrund der Zustimmung der Partei zu den Kriegseinsätzen in Afghanistan ausgetreten. Sechs weitere Mitglieder traten ebenfalls aus der Partei aus. Neben dem Norderstedter Ortsverband wurden wegen des akuten Mitgliederschwundes noch weitere Basisstrukturen der Bündisgrünen im Kreis Segeberg aufgelöst. Infolgedessen löste sich die Fraktion in der Norderstedter Stadtvertretung auf und es entstand die neue Fraktion „Grüne Alternative“. Im Juni des Jahres 2002 wurde dann die Wählergemeinschaft „Grüne Alternative Liste in Norderstedt“ - GALiN - gegründet, die dann auch zur Kommunalwahl 2003 antrat. In der GALiN gab es bei Gründung neben den parteilosen Mitgliedern nach wie vor auch Mitglieder von Bündnis90/Die Grünen. Es war erklärtes Ziel eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Wählergemeinschaft und Partei auch in Zukunft fortzusetzen. Die GALiN nahm erfolgreich an den Kommunalwahlen teil, zuletzt 2008 mit einem Ergebnis von 12,3 Prozent und 6 Sitzen in der Stadtvertretung.

Öffnung hin zu alternativen linken Idealen

Da die Wählergemeinschaft ihren Wirkungskreis auf Norderstedt beschränkt hatte, kam es trotz unterschiedlicher Auffassungen über die Politik der Bündnisgrünen nie zu einem offenen Streit. Obwohl auch für Außenstehenden nicht immer klar war, wie man einerseits neben klassischen grünen Themen ausdrücklich auch eine „programmatische Öffnung hin zu alternativen linken Idealen“ (Pressemitteilung GALiN Juni 2002) verfolgen kann und gleichzeitg mehr oder weniger kompromisslos die Bündnisgrüne Partei unterstützen kann. Nicht nur die Unterstützung von deutschen Kriegseinsätzen, auch die Regierungsmitwirkung der Grünen beim drastischen Sozialabbau kann durchaus als im Widerspruch zu „Öffnung hin zu alternativen linken Idealen“ angesehen werden.

Doch der Pragmatismus überwog. So zog die seinerzeitige Fraktionsvorsitzende der GALIN Anette Reinders bei den letzten Landtagswahlen als Direktkandidatin für die Bündnisgrünen in ihrem Wahlkreis Norderstedt in den Wahlkampf – ausdrücklich unterstützt von der GALiN. In Ihrer Bewerbung als Direktkandidatin gab sie an, dass ihr immer deutlicher geworden sei, „dass man auf Dauer keine Politik machen kann, wenn man nicht auch versucht, die immer globaler werdenden Rahmenbedingungen mitzugestalten.“ Sie führte weiter aus, sie werde „aber auch in Zukunft Entscheidungen, die eher machttaktischen Erwägungen als politischen Grundsätzen geschuldet sind, kritisch gegenüberstehen.“

Die Gründung einer eigenen Organisationseinheit in Norderstedt konnte nur eine Frage der Zeit sein 

Dies mag die Gemütslage einiger GALiN-Mitglieder wiedergeben, das eine zu tun (lokale Politik in der Wählergemeinschaft) ohne das andere zu lassen (Unterstützung der grünen Bundespartei). Bisher hat die GALiN diesen Spagat gut verkraftet. Aber spätestens nach den letzten Umfrage-Höhenflügen der Partei Bündnis90/Die Grünen war klar, dass die Gründung einer eigenen Organisationseinheit auch in Norderstedt nur eine Frage der Zeit sein konnte. Die Grünen hatten einfach das Problem dem steigenden Interesse an der Partei in Norderstedt nicht begegnen zu können. Also musste auch vor Ort eine eigene Parteistruktur her. Auf der Gründungsveranstaltung des Ortsverbandes fanden sich 12 der derzeit 26 Mitglieder der Bündnisgrünen in Norderstedt zusammen. Dabei wurde auch die Rechtmäßigkeit von Doppelmitgliedschaften bei der Wählergemeinschaft und der Partei diskutiert. Nach Auskunft des Sprechers des Grünen Kreisverbandes Segeberg, Jürgen Kaldwewey, stellt dies aber keine Hürde dar, da nur Mitgliedschaften bei anderen PARTEIEN ausgeschlossen seien. Außerdem sei das ja nichts neues. Auf der Versammlung und aus der bisherigen Zusammenarbeit sei deutlich geworden, dass es auf jeden Fall keinen Kampf zwischen den Organisationen geben soll, so Kaldewey gegenüber dem Infoarchiv: „Alleine schon durch die Doppelfunktion von Ingrid Betzner-Lunding als Mitglied sowohl im Vorstand der GALiN als auch des Grünen Ortsverbandes sei davon auszugehen, dass sich die Äußerungen zu politischen Themen decken.“

Und damit wären wir bei den agierenden Personen. Der Vorstand des neuen Ortsverbandes besteht aus Maren Berger (Sprecherin), Michael Ramcke (Sprecher), Konni Wangelin (Schatzmeisterin), und den BeisitzerInnen Ingrid-Betzner Lunding, Tobias Törber, Katrin Schmieder und Thomas Ruppel.

Stellt sich noch die Frage einer etwaigen Konkurrenzsituation bei Wahlen. Bei der anstehenden Landtagswahl tritt ohnehin nur die Partei Bündnis90/DIE Grünen an. Da gab es in der Vergangenheit kaum Konfliktpotenzial, bisher hat die GALiN die Wahlkämpfe der Bündnisgrünen auf Landesebene auch schon unterstütz. Anders könnte es bei der 2013 sattfindenden Kommunalwahl sein. Aber auch da sieht Jürgen Kaldewey kein Problem. Ob und wie eine Kandidatur auf einer ggf. gemeinsamen Liste erfolgen könnte, stehe zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. Aber man wolle diesen Punkt sicher nicht zu einem Streitthema machen. Auf den möglichen Verdrängungswettbewerb gab „Doppelfunktionärin“ Ingrid Betzner-Lunding gegenüber dem Infoarchiv an, dass es zum jetzigen Zeitpunkt ohnehin zu früh sei, über das Wahljahr 2013 zu sprechen. „Der Ortsverband ist gerade erst gegründet worden und es wird Aufgabe des Vorstandes und der Mitgliederversammlungen sein die zukünftige Zusammenarbeit zwischen GALiN und Bündnis90/Die Grünen im Detail zu regeln“, so Betzner-Lunding. Für sie sei es wichtig, neben den lokalen Politikfeldern, auf denen die GALiN große Erfahrung mitbringe, auch über den Tellerrand zu blicken und ebenfalls Bundes- und vor allem aber auch Landesthemen abzudecken. Und da läge die Landtagswahl im Mai 2012 erst einmal näher als die nächste Kommunalwahl Zu einer wichtigen Aufgabe des Vorstandes des bündnisgrünen Ortsverbandes soll es werden „niemanden auszuschließen aber möglichst viele einzuschließen“. Sie räumt ein, dass nicht alle GALiN-Mitglieder den eingeschlagenen Kurs kompromisslos unterstützen, baut aber auf eine konstruktive Diskussion innerhalb der Wählergemeinschaft.

Die offizielle Pressemitteilung des neu gegründeten Ortsverbandes fällt dann auch eher pragmatisch denn kämpferisch aus. Maren Berger, eine der SprecherInnen des Vorstandes hebt auch die durch die Gründung des Ortsverbandes verbesserten Organisationsmöglichkeiten für den anstehenden Landtagswahlkampf hervor, während der zweite Sprecher Michael Ramcke erläutert, dass „eine enge und kooperative Zusammenarbeit mit der GALiN“ angestrebt wird und es „zu einer Bündelung sämtlicher Grünen Kräfte für die Umsetzung der gemeinsamen politischen Ziele“ kommen soll. Bleibt abzuwarten, wie groß die Schnittmenge bei gemeinsamen politischen Zielen zwischen den Organisationen sein wird und ob die sicher aufrichtigen Wünsche nach Harmonie der Realität Stand halten.

 

Mitglieder und Vorstand Ortsverband

Mitglieder und Vorstand Ortsverband

V.l.n.r: Eberhard Krauß, Konni Wangelin (Schatzmeisterin), Anette Reinders, Evelyn Krauß, Michael Ramcke (Sprecher), Ingrid Betzner-Lunding (Beisitzerin), Tobias Törber (Beisitzer), Maren Berger (Sprecherin), Thomas Ruppel (Beisitzer), Hans-Peter Fisahn, Kai Siegele
Nicht auf dem Foto: Katrin Schmieder (Beisitzerin)