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Dienstag, 27. Oktober 2015, 16:16 Uhr

Gewagtes Spiel

Norderstedts SPD und die Flüchtlingskrise

Wandbild mit Weltkugel, darum viele Kinder und Nationalflaggen

Norderstedts SPD sieht in der Flüchtlingsbetreuung Überforderungstendenzen - und erntet damit vor allem Kopfschütteln (Foto: Infoarchiv).

Infoarchiv Norderstedt | Während sich Norderstedts Verwaltung bei der Unterbringung von Flüchtlingen Bestnoten verdient und die Willkommensteams auf über 300 Aktive anwachsen, sehen die Sozialdemokraten "Überforderungstendenzen", fordern gar eine "Atempause" bei der Aufnahme von Schutzsuchenden. Bewegung signalisiert die SPD in Sachen Wohnungsbau.

Ausschnitt eines Transparentes, Text: "Für gelebte Demokratie und Toleranz"

In einer Erklärung der Sozialdemokraten zum Thema Flüchtlingspolitik, betonen sowohl Fraktionschef Nicolai Steinhau-Kühl und der Vorsitzende des Sozialausschusses, Thomas Jäger, die Notwendigkeit eines umfassenden Wohnungsbauprogramms. Alleine im kommenden Jahr müssten in Norderstedt 500 Wohnungen neu gebaut werden, um den Menschen in den städtischen Notunterkünften eine ernsthafte Perspektive auf normalen Wohnraum zu bieten. Sogar dem bislang skeptisch beäugten Vorschlag der LINKEN, eine städtische Wohnungsbaugesellschaft zu gründen, steht die SPD laut Hamburger Abendblatt inzwischen wohlwollend gegenüber. Laut dem 2009 veröffentlichten Wohnungsmarktkonzept ("GEWOS-Gutachten") fehlten in Norderstedt bereits vor der Flüchtlingskrise 4.000 bezahlbare, kleine Wohnungen. Außerdem sind seitdem gut die Hälfte aller Sozialwohnungen in der Stadt aus der Mietpreisbindung gefallen, weil der damalige Kieler Innenminister Ralf Stegner (SPD) eine rückwirkende Deckelung der Bindungsdauer auf 35 Jahre ins schleswig-holsteinische Wohnraumförderungsgesetz schreiben ließ.

Während die Sozialdemokraten beim Sozialen Wohnungsbau also für Bewegung sorgen, erntet die SPD mit ihrem Vorstoß zum Thema Flüchtlinge verbreitet Kopfschütteln. "Bei allem notwendigen Optimismus muss die Landesregierung anerkennen, dass alle Mitarbeiter in den Unterkünften und die ehrenamtlichen Helfer bis an ihre Belastungsgrenze arbeiten", hatte Steinhau-Kühl überraschend erklärt, "gerade bei den Ehrenamtlichen müssen wir aufpassen, dass sich nicht Frustration und Überforderung breit machen." Nach Meinung Jägers haben die vergangenen Wochen gar gezeigt, "dass wir bei der Unterbringung von Flüchtlingen absehbar an logistische und personelle Grenzen stoßen."

Bis in die reale Welt scheint sich das allerdings noch nicht herumgesprochen zu haben: Hier meldeten die Willkommensteams erst kürzlich 170 "Neuzugänge" und arbeiten laut Organisatorin Susanne Martin keinesfalls an der Belastungsgrenze. Ganz im Gegenteil: Um künftig auftretenden Belastungssymptomen schnell und professionell zu begegnen, hat der Trägerverein bereits jetzt eine Coaching-Gruppe mit Therapeuten eingerichtet - präventiv. Und die Verwaltung konnte bislang - trotz regelmäßig steigender Flüchtlingszahlen einen "Puffer" von 50 freien Unterbringungsplätzen halten - ohne wie etwa Hamburg auf Zelt- oder Turnhallenlösungen zurückgreifen zu müssen. Was die SPD also getrieben hat, sich ausgerechnet in Norderstedt derart "eskalierend" in die Debatte zu werfen, darüber kann nur spekuliert werden.

3 Kommentare zu diesem Artikel

29.10.2015, 19:56 Uhr Stefan B.Ehrlichkeit in der Debatte ...

"Direkt äußern" find ich gut. Wenn aber ausgerechnet die Partei, die hier eine "Atempause" vor Flüchtlingen fordert, auf Bundesebene für eine neue Rekordausfuhr an Kriegswaffen verantwortlich zeichnet und damit immer neue Fluchtursachen produziert, wird's schon komisch. Und die stark nach Gefälligkeitsgesetz (für die Wohnungswirtschaft) riechende Stegner-Idee mit der begrenzten Mietpreisbindung ist auch nicht wirklich hilfreich. Vielleicht brauchen wir eher ´ne Atempause vor solcher Politik.

Dass es "kein Problem" ist, nächstes Jahr 1300 Flüchtlinge unterzubringen & zu integrieren, hat niemand gesagt. Von Überforderung scheint mir Norderstedt aber weit entfernt.

29.10.2015, 9:26 Uhr Palmine1300 Neuankömmlinge

Ja, wir schaffen das schon...
Weitere 1300 Neubürger unterzubringen und zu betreuen - alles kein Problem.
Wer das glaubt, lügt sich in die eigene Tasche. Sobald die erste Turnhalle oder Schule als Notunterkunft genutzt werden muss, kommen auch die Berufsoptimisten in der Realität an.
Wir brauchen mehr (echte) Wohnungen und Professionelle die sich um traumatisierte Flüchtlinge kümmern.
Ich weiß nicht, warum hier von Profilneurosen gelabert wird wenn sich Politiker mal direkt äußern ohne alles schön zu labern.

28.10.2015, 6:37 Uhr FalmineSPDler - Mit dem Klammerbeutel gepudert?

Während in Norderstedt Verwaltung, Politik und ehrenamtliche Vereine alles tun, um eine positive Grundstimmung zum Stichwort "Flüchtlinge" zu festigen, können zwei (in Ziffern: 2) Genossen der SPD das Wasser mal wieder nicht halten.
Ich will mich an Spekulationen nicht beteiligen, kann mir aber geistige Überforderungen durch Profilneurosen bei Thomas Jäger und Nicolai Steinhau-Kühl vorstellen. *auweia*