+ + + ARCHIVIERTER INHALT + + +

Diese Seite kommt aus unserem Archiv und enthält möglicherweise Informationen, die nicht mehr aktuell sind. Bitte beachten Sie das Veröffentlichungsdatum dieser Seite.

Sonntag, 19. Dezember 2010, 1:00 Uhr

Freisprüche nach Fußball-Randale

War die Norderstedter Polizei überfordert?

Von Olaf Harning | Nur der 47jährige Enrico S. wurde zu einer Arbeitsauflage verurteilt, weil er im Gerangel ein Absperrgitter angehoben hatte - nach eigenen Angaben, um sich vor Hundebissen zu schützen, nach Darstellung der Polizei um Beamte anzugreifen. Nach der 0:4-Niederlage der Sachsen war es zu Auseinandersetzungen gekommen, nachdem ein HSV-Fan von angetrunkenen Leipziger "Fans" angegriffen worden war. Die hinzueilenden Beamten unter Führung der Norderstedter Polizei setzten nun Pfefferspray ein und ließen ihre Hunde von der Leine, wobei mehrere Fans Bisswunden erlitten. Weil ein Leipziger Anhänger noch am Boden liegend von Hunden traktiert wurde, kehrten bereits abwandernde Fans zum Stadion zurück und griffen in die Auseinandersetzung ein. Während die Norderstedter Polizei später erklärte, die Aggression sei eindeutig von den sächsichen Fußballanhängern ausgegangen, die Beamte geschlagen-, mit einem Messer angegriffen- und Hunde getreten hätten, behaupteten in zivil anwesende Beamte aus Sachsen, die Fans seien überwiegend friedlich gewesen, die örtliche Polizei hingegen schien völlig überfordert. Ein bescheidenes Licht auf die polizeiinterne Kommunikation wirft dabei die Tatsache, dass die örtliche Einsatzleitung noch nicht einmal wusste, dass sich Beamte in zivil unter die Fans gemischt hatten. Das Amtsgericht zog aus dem Einsatz-Chaos seine eigenen Schlüsse und stellte das Verfahren gegen den 45jährigen Hauptangeklagten Maik W. ebenso ein, wie die Verhandlungen über Vorwürfe gegen Stefan T. (34), Roland B. (45) und Elke P. (49).

Die Vorkommnisse nach dem Regionalligaspiel hatten übrigens auch ein sportpolitisches Nachspiel: Weil der Präsident von Stadionbetreiberin Eintracht Norderstedt, Reenald Koch, nach der Begegnung ankündigte, der HSV werde die Partien seiner "Zweiten" auch künftig dort austragen und im übrigen müsse die Norderstedter Polizei derartige Einsätze vielleicht noch üben, reagierte die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) deutlich verschnupft und stellte sich ihren Beamten mit einem Leserbrief zur Seite. Der Hamburger Sport-Verein und Eintracht Nordrstedt hatten sich 2008 darauf verständigt, dass der HSV seine Regionalligapartien künftig im nach dem verstorbenen Altnazi und Vereinsmäzen Edmund Plambeck benannten Stadion an der Ochsenzoller Straße austrägt. Die Kosten für die dadurch notwendige "Aufrüstung" des Stadions trug der HSV, die Eintracht erhält zudem eine Miete in unbekannter Höhe, obwohl das "Vereinsgelände" eigentlich der Stadt Norderstedt gehört.

Der FC Sachsen Leipzig ist einer von mittlerweile drei zwar professionellen aber unterklassig spielenden Fußballvereinen der sächsischen Metropole. Während der gekaufte Retorten-Club RB Leipzig (offiziell "RasenBall", inoffiziell "RedBull") in der Regionalliga spielt, kicken der FC Sachsen und der von Fans neugegründete FC Lokomotive Leipzig mittlerweile in der Oberliga Nordost-Süd. Nach Norderstedt müssen sie in dieser Liga jedenfalls nicht mehr reisen.

Veröffentlicht in Sport mit den Schlagworten Edmund Plambeck, Eintracht Norderstedt, Norderstedt, Plambeck, Polizei