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Montag, 23. Juni 2003, 2:00 Uhr

CDU plant "Entwidmung" der De-Gasperi-Passage

Heroldcenter bald kritik- und elendsfreie Zone?

der nestscheißer | Dies würde zum einen bedeuten, dass politische Infostände, Flugiverteilungen u.ä. nur noch mit Genehmigung des Heroldcenter-Managements durchgeführt werden können. Letzteres hatte in der Vergangenheit nie Probleme mit den Auftritten diverser CDU-Generalsekretäre (die 1990 und 1994 von der Antifa Norderstedt empfindlich und humoristisch gestört wurden), öffentliche AKW-kritische Äußerungen wurden hingegen unterbunden. Nun ist davon auszugehen, dass die Entwidmung eher dem für die bürgerliche Ideologie konstitutiven Privatisierungswahn, welcher jegliche Sache zur Ware machen will, als gezieltem politischen Kalkül geschuldet ist. Die Wirkung ist jedoch die gleiche - an einem der wenigen belebteren Orte in Norderstedt werden politische Meinungsäußerungen, welche nicht dem Wochenblatt-Mainstream der Dorfjournaille entsprechen, unterbunden werden. Schließlich hat ja jeder das Recht, eine Tages- oder Wochenzeitung, wenn nicht sogar einen eigenen örtlichen Fernsehkanal à la Noa4 zu gründen. Der Umsetzung dieses Rechtes setzt der geringe Kapitalstock der meisten Menschen jedoch enge Grenzen.

Auch sauber wird die Passage dann werden; Obdachlose, Alkis, Skateboard fahrende Jugendliche oder auch Menschen, die einfach sich dort nur aufhalten wollen oder zu dunkle Haare oder Haut haben, können dann des Hauses verwiesen werden. Schließlich soll der Schein der bunten Warenwelt nicht durch das alltägliche Elend oder auch durch Ansätze von Müßiggang demaskiert werden. Steril soll es werden, die bürgerliche Ordnung soll nicht nur herrschen, sondern auch der/dem Einzelnen gegenüber exekutiert werden. Die konditionierten Subjekte, welche nur noch in Kategorien des Warentausches denken, werden dann nicht mehr das Andere, noch nicht oder nicht mehr Warenförmige erblicken können, dabei ist zu befürchten, dass die Vertreibung der "Anderen" durch die Mainstream-KonsumentInnen unterstützt wird - damit die "Anderen" durch ihre Präsenz einen nicht an das innere und äußere Elend des eigenen Alltags erinnern und die Scheinstabilität der eigenen Ideologie nicht ankratzen.

Öffentliche Räume sind umkämpfte Räume - die De-Gasperi-Passage könnte durchaus nicht nur vor der Entwidmung geschützt sondern Objekt unserer Aneignung werden. Verbote von Stadt und Herold-Center-Schergen können nicht durchgesetzt werden, wenn sich einfach genügend Menschen nicht daran halten. Das kann zwar zu Auseinandersetzungen führen, diese sind jedoch dem In-den-Schoß-Legen der Hände vorzuziehen.

Veröffentlicht in Kommunalpolitik mit den Schlagworten Antifa, CDU, Norderstedt