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Dienstag, 30. August 2011, 11:17 Uhr

Autoliv schließt sein Werk in Norderstedt

88 Beschäftigte vor ungewisser Zukunft

Das Autoliv-Firmengelände In de Tarpen (Foto: Infoarchiv)

Das Autoliv-Firmengelände In de Tarpen (Foto: Infoarchiv)

Von Olaf Harning | Die Entscheidung kam überraschend und ging nicht nur am Betriebsverfassungsgesetz vorbei: Während darin Unternehmensleitungen aufgegeben wird, den Betriebsrat bei für Beschäftigte wichtigen Entscheidungsprozessen von Beginn an zu beteiligen, schuf Frank Kohrs, Werksleiter von Autoliv Inc. vollendete Tatsachen: Am 19. August trat er vor die Beschäftigten des Norderstedter Tochterunternehmens Norma GmbH und verkündete die Schließung der Produktionsstandorts im Gewerbegebiet Nettelkrögen.

Insgesamt 153 Beschäftigte sind von dieser Entscheidung betroffen, neben 88 Arbeitsplätzen in Norderstedt entfallen auch 65 Jobs in Rellingen. Außerdem wird geschätzt, dass die Schließung 40 weitere Arbeitsplätze bei Zulieferern der Norma GmbH kostet. Die schwedische Autoliv Inc., Herstellerin von Sicherheitssystemen in Fahrzeugen, will die hiesige Produktion aber keineswegs einstellen, sondern sie nach Estland verlagern, wo die Lohnkosten deutlich geringer sind: "Dort kostet die Stunde drei Euro, bei uns zwölf", stellte der zuständige IG Metall-Sekretär Uwe Zabel gegenüber dem Hamburger Abendblatt  fest. Auch einen Termin haben Beschäftigte, der Betriebsrat des Unternehmens und Gewerkschaft bereits erhalten, schon zum 31. März sollen in Norderstedt die letzten Sicherheitsgurte vom Band laufen.

Unternehmenslogo

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Die Beschäftigten reagierten geschockt und zornig: "Ich verliere hier mehr als einen Job, ich verliere meine Familie", gab etwa die Betriebsratsvorsitzende der Norma GmbH, Birgit Jeksties, gegenüber der Norderstedter Zeitung (NZ) zu Protokoll, Gewerkschafter Zabel kündigte nach Gesprächen mit der Belegschaft Widerstand und sogar Arbeitskämpfe an, um zumindest hohe Abfindungszahlungen durchzusetzen. Zwar hat auch Kohrs bereits angedeutet, man wolle sich in Sachen Abfindungen "spendabel" zeigen, das Vertrauen der Norma-ArbeiterInnen in Autoliv hält sich angesichts der rüden Vorgehensweise jedoch in Grenzen.

Laut NZ wurde die Norma GmbH 1965 von den drei Brüdern Lorenz gegründet und 1980 zunächst von der Autoflug Rellingen aufgekauft - 1992 folgte die Übernahme durch die schwedisch-nordamerikanische Autoliv Inc.. In den besten Zeiten hat das Unternehmen in Norderstedt knapp 300 Mitarbeiter beschäftigt. Die jetzige Schließung, bzw. Billigverlagerung erfolgt mitten in einer Hochkonjunkturphase der Autoindustrie, wird aber mit anhaltenden Verlusten der Norma GmbH begründet. Als möglichen Hintergrund dieser Verluste deutet Betriebsrätin Jeksties innerbetriebliche Abrechnungstechniken an: Während die Materialpreise zuletzt deutlich gestiegen seien, habe man für die Erzeugnisse nicht mehr bekommen.