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Montag, 11. Februar 2013, 12:02 Uhr
Antrag der LINKEN regt Diskussion an
Kreis:Bild von "Nazi-Landrat" v. Mohl soll nicht unkommentiert bleiben
Hans-Georg (Felix) Becker | „Im Foyer des Kreistagsgebäudes ist in der Galerie der ehemaligen Landräte des Kreises Segeberg das Portrait des Nazi-Landrates v. Mohl zwischen seinen Vorgängern und Nachfolgern völlig gleichberechtigt unkommentiert integriert."
So beginnt die Kreistagsfraktion der LINKEN ihren Antrag für den nächsten Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport, das Foto des ehemaligen Landrates mit einem erklärenden Text zu versehen. Seit Jahrzehnten hängt das Portrait des ehemaligen Landrates Waldemar von Mohl unbeanstandet in der Ehrengalerie des Segeberger Kreistages und im Landratsamt. Zudem soll die Stadt Segeberg gebeten werden, die „Waldemar-von-Mohl-Straße“ umzuwidmen. Ihren Antrag begründet DIE LINKE umfassend.
Sie zeichnet dabei den beruflichen Werdegang v. Mohls nach und geht auch der Frage nach, ob sein Ruf als „vorbildlicher Verwaltungsfachmann und Edelmann“ und „gestandener Demokrat, der mit dem Nationalsozialismus keinerlei Verbindungen resp. Sympathie hatte“, gerechtfertigt ist. Dabei geht es den LINKEN nicht vordergründig darum zu klären, warum Zeitgenossen, obwohl sie in Unrecht verstrickt waren, schnell wieder in Ehren gehoben wurden. Sondern es geht darum, „ob wir es wollen, dass auch heute noch Straßen und Plätze nach ihnen benannt sind und ihre Portraits unkommentiert Ehrenplätze in öffentlichen Gebäuden einnehmen“, so Heinz-Michael Kittler, Fraktionsvorsitzener der LINKEN. In ihren Ausführungen bezieht sich DIE LINKE u.a. auf das Buch des regionalen Historikers Dr. Gerhard Hoch („Die Amtszeit des Segeberger Landrates Waldemar von Mohl 1932 – 1945“).
1929 folgte von Mohl, als in Berlin tätiger Verwaltungsbeamter, noch nicht der Berufung durch den Preußischen Innenminister für den Landratsposten in Bordesholm. Offenbar wollte er nicht die Nachfolge des in den Kapp-Putsch verwickelten und daraufhin entlassenen Landrates Heinze antreten. Das tat er dann aber im Februar 1921 als Nachfolger des kommissarisch eingesetzten Landrates Zobel (SPD), der – nachdem ihm die Berufung auf Dauer verweigert wurde – den Dienst quittierte, weil er vom rechtskonservativen Umfeld auf das heftigste diffamiert wurde. Von Mohl schrieb in sein Tagebuch: „Die Situation war mir willkommen. Ich trat nicht als Nachfolger eines gemaßregelten Landrats auf, sondern eines verunglückten Sozis.“ Nachdem von Mohl nach einer Gebietsreform zunächst in den Ruhestand ging, wurde er am 12.12.1932 als Segeberger Landrat ins Amt gesetzt. DIE LINKE führt in ihrer Antragsbegründung aus, dass „ab Beginn der NS-Diktatur Anfang 1933 sehr viele Amtsträger, die noch aus dem verhassten „Weimarer System“ stammten, ihres Amtes enthoben (wurden). Von Mohl blieb, da er das volle Vertrauen der regionalen und überregionalen NS Führer genoss.“
Ab 1933 trat er diversen örtlichen und überörtlichen NS-Organisationen bei. Dafür war eine Parteimitgliedschaft nicht erforderlich. Von Mohl soll auf Druck erst 1937 (sofort nach dem Ende einer 4jährigen Aufnahmesperre…) in die NSDAP eingetreten sein. Allerdings handelte er im März 1933 aktiv mit, „in dem er …. Im Kreis Segeberg 400 SA-, SS-und 130 Stahlhelm-Aktivisten zu Hilfspolizisten vereidigte, die umgehend den Kreis mit braunem Terror überzogen.“ Als weiterer Beleg dafür, dass der Kreis Segeberg endgültig im Nationalsozialismus angekommen war, gilt, dass v. Mohl mit der Verkündung des „Gesetz über die Anpassung der Landesverwaltung an die Grundsätze des nationalsozialistischen Staates“ am 29.01.1934 vor dem Kreisausschuss eben dieses Gesetz als Richtschnur auch seines Handelns ausdrücklich betonte („Das Scheitern der Demokratie im ländlichen Raum, G. Hoch, Neuer Malik Verlag, Kiel).
In der Antragsbegründung wird in der Folge deutlich gemacht, dass der Landrat entweder aktiv an NS-Maßnahmen beteiligt gewesen war oder zumindest Kenntnis davon haben musste. Die Aussage, dass von Mohl seine schützende Hand über einen Juden gehalten haben soll, ist nach Angaben der LINKEN auch durch neue Forschungen nicht belegt. Der Antrag der LINKEN hat bereits vor der Beratung am 19.02.1013 ein großes Presseecho ausgelöst.
Gegenüber dem Hamburger Abendblatt äußerst sich der Lokalhistoriker Gerhard Hoch dahingehend, dass er den von den LINKEN verwendeten Begriff „Nazi-Landrat“ kritisch sieht: „Am saloppen Umgang mit dem Wort nehme ich nicht teil.“ Er würde es allerdings begrüßen, wenn die Bilder-Galerie erklärend ergänzt würde. Nach einem Bericht der Lübecker Nachrichten hält Edda Lessing (SPD) es für sinnvoll, „an die Bildergalerie im Foyer des Kreistages einen erläuternden Text …zu stellen.“ Allerdings habe sie das Thema noch nicht in der Fraktion besprochen. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Claus-Peter Dieck, will sich dem Bericht nach in die Thematik einarbeiten. Für ihn sei es von Belang, ob Waldemar von Mohl aktiv die Sache der Nationalsozialisten betrieben habe, oder ob er im Amt trotz des furchtbaren NS-Regimes auf seine Mitmenschen geachtet hat. Ihm, Dieck, sei aufgefallen, dass man sich derzeit überall in Deutschland Gedanken um die Namensgeber von Straßen und Plätzen mache. Wolfgang Schnabel, FDP-Fraktionsvorsitzender im Kreistag will erst in den Lübecker Nachrichten vom Vorstoßder LINKEN gelesen haben. Für ihn sei klar, dass jeder einzelne Fall genau betrachtet werden muss. Es sei „mehr eine politische als eine historische Entscheidung.“ Nach Auffassung von Kreis-Grünen Jürgen Kaldewey solle man das von-Mohl-Bild hängen lassen und mit einem von Historikern geprüften Text versehen. Es ist verwunderlich, dass einige Kreis-Politiker von der Thematik überrascht zu sein schienen. Immerhin hatte DIE LINKE bereits Ende des Jahres 2012 eine Anfrage dazu gestellt. Eine Antwort der Kreisverwaltung liegt bisher nicht vor. Und zum aktuellen Antrag wurde eine Vorabinformation abgegeben. Jedenfalls steht der Antrag auf der Tagesordnung des Ausschusses am 19.02.1013 –leider erst an deren Ende.
Ein Kommentar zu diesem Artikel
12.02.2013, 17:15 Uhr Anonymous: Mein Tipp
Bei der Ausschusssitzung am Dienstag, den 19.02.2013 um 18:00 Uhr im Kreistagssitzungssaal Hamburger Str. 30 sichert frühes Kommen gute Plätze auf den Besucherrängen. Wir werden bei Beginn zur Tagesordnung beantragen, diesen Punkt an die erste Stelle zu setzen. Bildet Fahrgemeinschaften!
Fraktion DIE LINKE im Segeberger Kreistag