- Themen
- Alternative Zentren
- Arbeit & Kapital
- Behindertenpolitik / Assistenzbedürftige
- Bildung
- Energiepolitik
- Faschismus / Antifaschismus
- Flucht und Migration
- Frauen / Feminismus
- Frieden
- Geschichte
- Internationalismus
- Jugendpolitik
- Kindergärten & Kinderbetreuung
- Kommunalpolitik
- Kultur
- Landesgartenschau & Stadtpark
- Lesbisch/Schwules
- Medien
- Medizinische Versorgung & Gesundheit
- Polizei & Justiz
- Religion
- Repression / Antirepression
- Sonstige
- Soziales
- Sport
- Stadtentwicklung
- Umwelt
- Verkehr
- Artikel Altbestand
- Schlagworte
- Galerien
- Links
- Termine
- Über uns
+ + + ARCHIVIERTER INHALT + + +
Diese Seite kommt aus unserem Archiv und enthält möglicherweise Informationen, die nicht mehr aktuell sind. Bitte beachten Sie das Veröffentlichungsdatum dieser Seite.
Samstag, 1. März 2003, 1:00 Uhr
100 Jahre Plambeck
Feierlichkeiten: Von Zwangsarbeitern keine Spur
Olaf Harning | Am 1. März 1903 gründete Hinrich Plambeck in Garstedt seine Baufirma. Genau 100 Jahre später feierten jetzt in der Norderstedter TriBühne mehr als 400 aktive und ehemalige Arbeiter des Unternehmens das Jubiläum unter sich. Die ehemaligen Zwangsarbeiter hat man dazu lieber nicht eingeladen.
In großen Lettern begeht dieser Tage auch die Norderstedter Lokalpresse das Jubiläum des wohl über die Jahre wichtigsten Unternehmens der Stadt. Doch so unterschiedlich die Artikel aufgemacht sind, in einem gleichen sich alle Texte: Die Zeit zwischen 1933 und 1945 kommt schlicht nicht vor. Der Norderstedter Anzeiger berichtet beispielsweise, dass "die vergangenen 100 Jahre (...) eine Erfolgsgeschichte für die Familie und ihre Firmen" gewesen sei. "Unternehmerischer Geist, Traditionsbewußtsein, Innovationsbereitschaft und Mut zum Wandel" hätten die letzten 100 Jahre geprägt. Und die Norderstedter Zeitung überschlägt sich gar: "Die Plambecks haben sich immer als Förderer des sportlichen, kulturellen und sozialen Lebens in ´ihrer´ Stadt verstanden." Eine durchaus interessante Deutung der Geschichte, führt man sich vor Augen, dass die Bauunternehmung Plambeck aufgrund des kriegsbedingten Arbeitskräftemangels in den vierziger Jahren nicht nur auf den Einsatz von Zwangsarbeitern zurückgriff, sondern der Effizienz halber auch gleich zwei eigene Lager für Zwangsarbeiter unterhielt. Nach Angaben der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg arbeiteten im April 1944 genau 77 "Ausländer" für Plambeck & Söhne, davon 44 Kriegsgefangene und 33 so genannte "Zivilarbeiter". Doch diese Zahlen beziehen sich ausschließlich auf ein Zwangsarbeiterlager, dass das Unternehmen auch nach Darstellung des Hamburger Staatsarchivs von 1943 bis 1945 in der Langenhorner Chaussee 678 unterhielt und das sich zum Nachteil der Plambecks auch in der Liste des von den Alliierten eingesetzten Suchdienstes als "Civil Work Camp" wiederfindet. Darüber hinaus zählt diese Liste ein weiteres Lager auf: Unter der Adresse Ohechaussee 52 fand sich demnach ein weiteres, wahrscheinlich ebenfalls mit "Zivilarbeitern" belegtes Lager des Plambeck´schen Baugeschäftes.
Auch nachdem ein Bündnis Norderstedter Gruppen Anfang 2000 die Verstrickung der Norderstedter Traditionsfirma in die NS-Zwangsarbeit offengelegt hatte, stritt das Unternehmen zunächst jede Beteiligung ab. So behauptete der heutige Inhaber des Baugeschäfts - Jürgen Plambeck: "Wir haben über den entsprechenden Zeitraum keine Dokumente. (...) Nach seinen (gemeint ist der inzwischen verstorbene Senior-Chef Edmund Plambeck) Erzählungen (...) ist aber nicht bekannt, ob (...) auch Kriegsgefangene beschäftigt wurden." Dies erscheint um so unglaubwürdiger, als daß sogar in Akten der Hamburger Polizei von 1946 das Lager Langenhorner Chaussee 678 Erwähnung findet. "Sind die Lagerverwalter bekannt und Lagerlisten vorhanden?" wird in dem Dokument gefragt, die Antwort lautet: "Die Verwaltung hatte die Firma Plambeck & Söhne, Garstedt, Ochsenzoller Str. 28. Die Lagerlisten können dort eingesehen werden." Neben den firmeneigenen "Unterkünften" bedienten sich die Plambecks übrigens auch aus mindestens einem Zwangsarbeiterlager auf dem Gelände des Hamburger Sport-Vereins. Dort bauten Plambeck & Söhne 1944 im Auftrag der Post Baracken und setzten unter anderem französische Kriegsgefangene ein. Mehr als 250 Gefangene umfaßte das dortige Lager laut Angaben der Norderstedter Geschichtswerkstatt, auf einem Foto sind damalige Häftlinge zu erkennen (siehe oben).
Es gibt also keinerlei Zweifel: Die Firma Plambeck beutete im Nationalsozialismus sowohl kriegsgefangene- als auch "zivile" ZwangsarbeiterInnen aus und profitierte so direkt von der menschenverachtenden NS-Politik. Edmund Hinrich Plambeck war schon damals mitverantwortlich für die Politik der Firma, er ist entgegen der teilweise geäußerten Darstellung Jürgen Plambecks schon 1942 aus dem Krieg zurückgekehrt. Bis heute unbewiesen ist hingegen die Information, dass Edmund Plambeck persönlich mehrfach im KZ Neuengamme vorstellig wurde und von dort unter anderem Ziegel bezog. Trotz bruchstückhafter Informationen darüber wird sich diese Geschäftstätigkeit nicht mehr belegen lassen. Nichts desto trotz: Nachdem das erwähnte Bündnis eine Vielzahl von Dokumenten vorlegte und am 19. Februar 2000 sogar eine Demonstration vor das Firmengebäude der Plambecks an der Ochsenzoller Straße durchführte, gab Jürgen Plambeck in einer Nacht- und Nebel-Aktion nach. Im Anschluß an die Kundgebung vor seiner Zentrale beschwerte er sich zwar über die Angriffe und kündigte Anzeigen gegen die Urheber eines Flugblattes an. Im gleichen Atemzug gab er jedoch bekannt, dass das Unternehmen bereits dem Entschädigungsfonds der Deutschen Wirtschaft beigetreten sei.
ie Jubiläums-Feierlichkeiten stören. Schließlich "haben sich die Plambecks immer als Förderer des sportlichen, kulturellen und sozialen Lebens in ´ihrer´ Stadt verstanden".