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Samstag, 26. Mai 2012, 14:00 Uhr

Messing für Karl Ziemssen

Stolpersteineinweihung in Fuhlsbüttel

Arbeiter Karl Ziemssen mit Kollegen 1929 auf Helgoland

Arbeiter Karl Ziemssen mit Kollegen 1929 auf Helgoland

Senenko/ Infoarchiv Norderstedt | Am 26. Mai 2012 wird ab 11 Uhr im Ipernweg 11, Hamburg-Fuhlsbüttel, der Stolperstein für Karl Ziemssen (1903-1942) eingeweiht.
Karl Friedrich Ziemssen, 1903 in Hamburg geboren, besucht die öffentliche Volksschule in Rothenburgsort. Nach einer Malerlehre absolviert er eine Fachausbildung zum Plakat- und Schriftmaler. Dort lernt er auch den zwei Jahre älteren Kunstmaler Otto Richter kennen. Die beiden werden Freunde. Sohn Edgar erinnert sich gut: „Die beiden waren immer in Diskussionen um die Weltanschauung verwickelt“. Später, als Otto Richter schon als Künstler in Hamburg etwas bekannter war, besuchte die Familie auch eine seiner Ausstellungen. Edgar über den Freund: „Otto Richter war in der KPD. Als in der Nazizeit einmal ein Genosse von der Gestapo gesucht wurde, hat er ihn in seiner Besenkammer versteckt. Die Gestapo klingelte zwar auch bei Otto Richter, konnte aber nichts finden...".

"Beleidigung der Wehrmacht"

Im Mai 1933 wird Karl Ziemssen erstmals im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel (später als „Kolafu“ bekannt) für drei Wochen inhaftiert. Immer wieder wird er dann verurteilt und eingesperrt. Auf freiem Fuß verdient er als Malergehilfe seinen Lebensunterhalt. 1936 sitzt er in der Haftanstalt Glasmoor und drei Monate im Kolafu, 1937 kommt er für drei Wochen abermals nach Kolafu, 1941 in die Haftanstalt Harburg. Nach dem Krieg bestätigte das Landgericht Hamburg der Familie die Verurteilung des Vaters wegen „Vergehen gegen § 2 des Gesetzes gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Parteiuniformen vom 20.12.1934“. Was genau zu seiner Haftstrafe im Gefängnis Harburg, Buxtehuderstraße 9, geführt hatte, deutet Karl Ziemssen in einem Brief am 15. Februar 1942 an seine Mutter an: „Solltet Ihr nicht wissen, warum ich hier bin? Beleidigung der Wehrmacht (Heimtücke).“ Im Scheidungverfahren 1942, bei dem Karl wegen seiner Haft in Harburg nicht persönlich anwesend sein kann, gibt seine politische Einstellung schließlich den Ausschlag. Im Scheidungsurteil heißt es: „Durch die neue Straftat hat der Beklagte wiederum seinen schlechten Charakter gezeigt. In einem Kriege um das Sein des deutschen Volkes beleidigt der Beklagte (...) die deutsche Wehrmacht. Er bringt dadurch nicht nur sich selbst in Haft, sondern setzt auch seine Familie wiederum der Not aus.


Buchenwald, Groß Rosen, Tod

Die Gestapo lässt ihn nach Verbüßung der 10-monatigen Gefängnishaft in Harburg nicht mehr aus ihren Fängen. Bei der Entlassung zu Ostern wird er an der Gefängnispforte von der Gestapo in Empfang genommen und für 5 Wochen nach Kolafu und dann nach Buchenwald gebracht. Seine Mutter Marie Z. empfing aus Buchenwald ein einziges Lebenszeichen ihres Sohnes, einen Brief: „Sende mir bitte ein paar Schuhe von Vater, meine braunen Stiefel, ein paar Strümpfe zum Wechseln und Fußlappen, welche Du aus altem Flanell herstellen kannst, ich wäre Dir sehr dankbar, und Vaters Ledergamaschen. (...) Also sende mir die Sachen, ich brauche sie sehr.“ Mitte September 1942 wird er von dort magenkrank in das oberschlesische KZ Groß Rosen verlegt, wo er am 4. Oktober stirbt. Offizielle Todesursache: Kreislaufschwäche... . Sechs Wochen später nimmt Karls Mutter bei der Gestapo an der Stadthausbrücke seine letzten Habseligkeiten entgegen.

Die Willi-Bredel-Gesellschaft lädt nun zur Einweihung eines Stolpersteins an Karl Ziemssens letzen Wohnort im Fuhlsbüttler Ipernweg ein. Auch Sohn Edgar Ziemssen, der heute in einer Langenhorner Seniorenanlage lebt, wird anwesend sein.

Samstag, 26. Mai 2012, 14:00 Uhr, Ipernweg 11, Hamburg-Fuhlsbüttel