+ + + ARCHIVIERTER INHALT + + +

Diese Seite kommt aus unserem Archiv und enthält möglicherweise Informationen, die nicht mehr aktuell sind. Bitte beachten Sie das Veröffentlichungsdatum dieser Seite.

Donnerstag, 12. März 2015, 14:40 Uhr

Norderstedt: Stromsperren sind an der Tagesordnung

250 Sperrandrohungen monatlich

Stadtwerke Norderstedt, Foto. Infoarchiv

Infoarchiv Norderstedt | Zahlreichen Kunden der Stadtwerke wird Monat für Monat der Strom abgedreht. Dies geht aus der Beantwortung eines Prüfantrages des Stadtwerkeausschusses hervor. Anlass war ein SPD-Antrag zur Einführung von Prepaid-Zählern. Durch dieses Verfahren können Kunden ein Guthaben in Form einer Chip-Karte oder eines Codes erwerben und über einen speziellen Stromzähler aktivieren. Ist das Guthaben aufgebraucht, wird der Strom automatisch abgeschaltet.

Die SPD ging in ihrer Antragsbegründung davon aus, „dass Menschen mit geringem oder nicht regelmäßigem Einkommen von Stromsperren nicht oder wesentlich weniger betroffen werden.“ Dem Widersprach DIE LINKE, da z.B. Hartz IV-Empfänger einen viel zu geringen Anteil am Regelsatz für Energie hätten. In dem Regelsatz von derzeit 399 Euro sei lediglich ein Anteil von 33,36 Euro monatlich für Energie, Wohnen und Wohninstandhaltung enthalten. Der reine Anteil für Strom sei damit wesentlich geringer als von Sozialverbänden gefordert. Ein Prepaid-Zähler könne diesen Umstand nicht ausgleichen. Am Ende stünde der Prepaid-Kunde ohne Strom da, nur dass er nicht von den Stadtwerken vom Netz genommen würde, sondern sich quasi selber den Strom abdrehe.

Für BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN gab es noch zu viele offene Fragen. Die Fraktion stellte daher einen Prüfauftrag zur Abstimmung, der dann einstimmig angenommen wurde. Aus der Antwort der Werkleitung geht hervor, dass es monatlich zu 250 Sperrandrohungen kommt. Dabei beziehen sich die Stadtwerke Auf §19 StromGVV, wonach bei einem Zahlungsrückstand von mindestens 100 Euro die Berechtigung (keine Verpflichtung, Anm.d.Red.) für eine Sperrandrohung mit nachfolgender Sperrung besteht. Zu diesem Zeitpunkt sind für den säumigen Zahler bereits Mahnkosten von 15 Euro entstanden. Erfolgt durch einen Mitarbeiter der Stadtwerke dann tatsächlich eine Sperrung entstehen für das Sperren und Endsperren Kosten von 55 Euro.

Nach Angaben der Werkleitung bezahlen von den 250 Kunden mit Sperrandrohung ca. 150 so viel, dass ihre Außenstände die 100 Euro-Grenze unterschreiten oder tilgen die Summe komplett, womit dann kein Sperrgrund mehr vorliegt. Ca. 50 Kunden bezahlen zu Beginn des eigentlichen Sperrvorgangs direkt an den Stadtwerke-Mitarbeiter vor Ort oder bezahlen am Tag der Sperrung am Kassenautomaten in der Heidbergstraße. Zu tatsächlichen Stromsperrungen kommt es bei 30 bis 50 Kunden monatlich. 200 Kunden sind wiederkehrende säumige Zahler.

Ein Teil des Prüfauftrages bestand darin, über Erfahrungen anderer Kommunen in Bezug auf die Vermeidung von Stromsperren durch den Einsatz von Prepaid-Zählern zu berichten. Zwei Stadtwerke gaben Auskünfte über die Datenauswertung. Die Stadtwerke setzen 25 bzw. 40 Zähler ein. Die Rückschlüsse auf die Auswirkung des Vorkasse-Prinzips auf die Entstehung von Zahlungsrückständen fiel eher vage aus: „Die Vermutung, dass Kunden aus ihrer allgemeinen Schuldenspirale mit Hilfe eines Prepayment Systems heraus kommen könnten, wurde nach subjektivem Empfinden der verantwortlichen Mitarbeiter bestätigt.“ Demnach gingen Kunden bewusster mit ihrer verbrauchten Energie um und teilten sich somit ihr Budget und den daraus resultierenden Energieverbrauch besser ein. Es wurde nicht darauf eingegangen, ob es sich dabei ggf. um Personen handelte, die über ein auskömmliches Einkommen verfügen, aber Probleme mit einem strukturierten Ausgabeverhalten haben. Denn z.B. ein Hartz IV Empfänger (s.o.) wird wohl kaum in der Lage sein, sich mit den viel zu geringen Mitteln für Strom große Spielräume beim „bewussten“ Verbrauch zu erarbeiten.

Die Kosten für die Anschaffung von Prepaid-Zählern durch die Stadtwerke würden sich auf 500 Euro pro Stück belaufen. Dazu kämen Verwaltungssoftware inkl. Hardware mit einer Investition von einmalig 7.500 bis 10.000 Euro und Schnittstellen zum Abrechnungssystem und dem Kassenautomaten von ca. 5000 Euro. Bei den befragten Stadtwerken werden eine Einbaupauschale von ca. 100 Euro bei den Kunden sowie eine Kaution von 10 Euro für die Guthabenkarte erhoben. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass ein Prepaid-Zähler ausschließlich auf Wunsch des betroffenen Kunden eingebaut würde. Die weiteren Beratungen zu der Thematik werden im Stadtwerkeausschuss sattfinden.