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Montag, 17. Mai 2004, 2:00 Uhr

"Irritationen" in Bad Segeberg

Andreas C. Wankum im Zwielicht

Von Olaf Harning | Schon im Jahre 2002 gründeten 5 Gemeinden im nördlichsten Bundesland den Landesverband Jüdischer Gemeinden in Schleswig-Holstein. Die Jüdische Gemeinde Hamburg unter ihrem Vorsitzenden Andreas C. Wankum jedoch ignoriert seitdem stoisch, dass in Schleswig-Holstein eigenständiges jüdisches Leben existiert. In Pressemitteilungen von Anfang Mai macht der Christdemokrat und Bundesvorsitzende der Keren Hayesod - Vereinigte Israel Aktion seinen Machtanspruch deutlich: Da fabuliert Wankum von einer "Trennung der Hamburger Gemeinde" sowie der Gründung eines schleswig-holsteinischen Landesverbandes, der tatsächlich schon lange existiert.
Oberflächlich betrachtet geht es in der Kontroverse um 360.000 Euro öffentlicher Gelder, die der Hamburger Landesverband jährlich für den Aufbau jüdischen Lebens in Scheswig-Holstein erhält. "Davon", so der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Bad Segeberg, Walter Blender (42), "ist aber in Bad Segeberg noch kein Cent angekommen", in den übrigen vier Gemeinden sähe es ähnlich aus. Tatsächlich geht es aber um weit mehr als Geld. Während die Hamburger Gemeinde und Andreas C. Wankum selbst zu den orthodoxen Gemeinden zählt, ist der schleswig-holsteinische Landesverband nicht einseitig festgelegt. So ist etwa die äußerst erfolgreiche Gemeinde in Bad Segeberg Mitglied der Union Progressiver Juden in Deutschland. Neben einer weiteren liberalen Gemeinde gehören auch zwei konservative- und eine orthodoxe Gemeinde zum schleswig-holsteinischen Landesverband.
Und der reagierte auf Wankum´s Provokationen jetzt mit einer erneuten Entgegnung: "Es ist mittlerweile bekannt, dass sich bereits 2002 ein Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein gebildet hat. Ihm gehören 5 verschiedene Jüdische Gemeinden aller Ausrichtungen an. Einzige Nichtmitgliedsgemeinde ist die Jüdische Gemeinde Lübeck-Hamburg. (...) Herr Wankum sollte zunächst versuchen, die Hamburger Gemeinde und deren Splittergruppen zu einigen und nicht die Bevölkerung zu verwirren." Den Erfolg jedenfalls haben die Schleswig-HolsteinierInnen auf ihrer Seite: Nie zuvor seit den 20er Jahren blühte Jüdisches Leben so auf, wie derzeit in den Mitgliedsgemeinden. So wird am 6. Juni in Bad Segeberg der Grundstein zu einem jüdischen Gemeindezentrum gelegt, dass künftig sowohl Juden als auch Nichtjuden zur Verfügung stehen soll. Auf dem Gelände der alten Lohmühle entstehen schon in Kürze eine Synagoge, ein Kindergarten, sowie Räumlichkeiten für religiöse und/oder soziale Zwecke. Außerdem gründeten die SegebergerInnen kürzlich den ersten jüdischen Sportverein im Norden: den SC Makkabi Segeberg.
Andreas C. Wankum wird es also schwer haben, seine nördlichen NachbarInnen weiterhin unter seiner Kontrolle zu halten. Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland wird der genannten Grundsteinlegung mit einer Delegation beiwohnen. Zeitgleich laufen direkte Verhandlungen zwischen dem schleswig-holsteinischen Landesverband und dem Zentralrat, in denen es u.a. um die künftige Verteilung der Gelder geht. Wahrscheinlich, dass dabei die vielfach bewunderte Arbeit der SegebergerInnen um Sprecher Walter Bender und Ljudmila Budnikow honoriert wird.

Veröffentlicht in Sonstige mit den Schlagworten Infoarchiv, Norderstedt, Schleswig-Holstein